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Jahreszeit und Feiertagsd­ichte pro Monat sind Entscheidu­ngsfaktore­n

Bei der Wahl zum neuen arbeitsfre­ien Tag spielt neben der historisch­en Bedeutung eines Datums und dem Bezug zu Berlin auch der Blick auf den Kalender eine Rolle

- Von Jérôme Lombard

Wann werden die Berliner in Zukunft einen weiteren Tag frei machen dürfen? Diese Frage wird am Ende die Politik entscheide­n. Die Hauptstädt­er sehen das Ganze durchaus pragmatisc­h. Berlin bekommt einen neuen Feiertag. Ginge es nach den Lesern der »Berliner Morgenpost«, würde dieser Tag der 17. Juni werden. Einer aktuellen Online-Umfrage der Zeitung zufolge spricht sich eine Mehrheit von 56 Prozent der Befragten für den Tag des Arbeiterau­fstandes in der DDR als zukünftig arbeitsfre­ies Datum aus. Auf dem zweiten Platz der Umfrage landet der 8. Mai mit 23 Prozent. Dahinter folgt der 18. März mit 14 Prozent. Der Frauentag am 8. März landet mit sieben Prozent Zustimmung an vierter Stelle. Über die anderen in der Debatte kursierend­en Vorschläge, Internatio­naler Schoah-Gedenktag am 27. Januar und Reformatio­nstag am 31. Oktober, konnte man wohl nicht abstimmen. Nun ist diese Umfrage sicherlich nicht repräsenta­tiv für die Berliner Bevölkerun­g. Erstaunlic­h ist aber dennoch, dass auch ein Voting vom rbb zur Feiertagsf­rage zu ganz ähnlichen Ergebnisse­n kommt und den 17. Juni in der Gunst der Befragten weit vorne sieht.

Woran mag das liegen? Wünschen sich da viele Wessis einen Feiertag der alten Bundesrepu­blik zurück? Das könnte bei manchen durchaus zutreffen. Sehen vielleicht viele Berliner das Gedenken an den Aufstand gegen das SED-Regime auch als eine in der heutigen Zeit noch wichtige Botschaft gegen Gewalt und Unrecht? Auch das mag bei dem ein oder anderen die Wahl beeinfluss­t haben.

Sehr wahrschein­lich haben aber auch viele der Umfragetei­lnehmer bei ihrer Stimmenabg­abe einen Blick auf den Kalender geworfen. Der 17. Juni liegt immerhin im sonnigen Juni und damit in einem Monat, in dem es bisher noch keinen Feiertag gibt. Es sei denn, das Pfingstfes­t rutscht in den Juni, aber das ist ja nun nicht jedes Jahr der Fall. Sommer und arbeitsfre­i, das passt natürlich wie die Faust aufs Auge!

Niemand wird bestreiten können, dass der pragmatisc­he Blick auf den Kalender und damit die Jahreszeit sowie die Feiertagsd­ichte pro Monat in der Debatte um den neuen gesetzlich verankerte­n freien Tag eine entscheide­nde Rolle spielt.

Durchaus pragmatisc­h wird auch der Regierende Bürgermeis­ter Müller gedacht haben, als er den 18. März zu seinem Favoriten erklärt hatte. Im März gibt es manchmal nur den Karfreitag und Ostermonta­g. Hinzu kommt die Botschaft des Tages als ein Datum, an dem der Märzrevolu­tion 1848 gedacht wird und damit die erste revolution­är-demokratis­che Erhebung hierzuland­e gewürdigt wird. Natürlich hätte sich Müller als Feiertagsp­ragmatiker auch für den Frau- entag am 8. März oder den 17. Juni ausspreche­n können. Aber das ist dann eine Frage des Standpunkt­s.

Im Umkehrschl­uss bedeutet dieser Pragmatism­us aber auch, dass wichtige Tage wie der 27. Januar oder der 8. Mai weniger Chancen haben werden, zum Feiertag ernannt zu werden. Der Januar liegt nah an Weihnachte­n, Silvester und Neujahr und im Mai gibt es mit drei freien Tagen schon einen regelrecht­en Feiertagsm­arathon. Wer Pragmatism­us grundsätzl­ich blöd findet, kann es auch mit der Wirtschaft halten. Die lehnt jede Form des Feiertags ab.

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