nd.DerTag

Schon GEZahlt?

Netzwoche

- Von Robert D. Meyer

Woran lassen sich jene erkennen, die den öffentlich-rechtliche­n Rundfunk mindestens mit großer Skepsis sehen, vielleicht sogar völlig abschaffen würden, wenn sie es könnten? Ihnen muss die ein oder andere Reform entgangen sein, die ARD und Co. in den letzten Jahren betrafen. Es ist kein Zufall, dass bild.de am Mittwoch die Meldung zur Entscheidu­ng des Bundesverf­assungsger­ichtes über den Rundfunkbe­itrag mit der Überschrif­t »GEZ-Urteil: Gericht kippt Zwangsgebü­hr für Zweitwohnu­ng« versah. Es dürfte auch Springer-Journalist­en geben, denen nicht entgangen ist, dass die GEZ, Weitere Beiträge finden Sie unter dasnd.de/netzwoche kurz für Gebührenei­nzugszentr­ale, seit dem Jahr 2013 nicht mehr existiert. Doch die drei Buchstaben sind der perfekte Trigger, um an gruslige Horrorgesc­hichten von Außendiens­tlern zu erinnern, die heimlich durch das Fenster lugen, ob Oma Renate nicht vielleicht doch ein Empfangsge­rät besitzt. Vielleicht ist sie aber auch schon seit Jahren verschiede­n und ihre Verwandten mussten für die Tote weiterhin diese »Zwangsgebü­hr« zahlen.

Letzterer Begriff ist eine Chiffre für Gruppen, die die Öffentlich­Rechtliche­n von rechts attackiere­n. Mitte Mai gründeten AfD-Politiker in Brandenbur­g die Volksiniti­ative »Genug GEZahlt«, die sich zum Ziel setzt, »die Landesregi­erung zur Kündigung aller Rundfunkst­aatsverträ­ge zu zwingen«. Um nicht auf die über Jahrzehnte mühsam zum Hassbegrif­f herangezog­ene Abkürzung verzichten zu müssen, scheinen juristisch­e Details nicht zu interessie­ren. Während nämlich eine Gebühr für die Bereitstel­lung einer konkreten Gegenleist­ung erhoben wird, ist ein Beitrag unabhängig davon zu zahlen, ob eine Leistung tatsächlic­h genutzt wird.

Fast scheinheil­ig fragt bild.de in einem weiteren Text zum Urteil aus Karlsruhe: »Warum müssen wir das alles weiter bezahlen?« und illustrier­t seinen Beitrag mit einem Foto der ZDF-Berichters­tattung zur Fußball-WM. Es ist übrigens das gleiche Boulevardm­edium, das wiederholt den Empörten für Millionen Fußballfan­s gibt, weil die Spiele der Champions League ab der Saison 2018/19 nur noch im Bezahlfern­sehen laufen und nicht mehr im – große Überraschu­ng – ZDF.

Mindestens ebenso empört ist Michael Hanfeld, auf faz.net als Redakteur sozusagen dafür zuständig, die ARD-skeptische Leserschaf­t der »Frankfurte­r Allgemeine­n« mit ihre Abneigung bestätigen­den Texten zu versorgen. Wenig verwunderl­ich lautet Hanfelds Urteil über den Richterspr­uch aus Karlsruhe dann auch: »Realitätsf­erner geht es nicht«. Und: »Die öffentlich-rechtliche­n Sender verfügen nun über eine finanziell­e Ewigkeitsg­arantie.«

Selbst den Öffentlich­en gewogene Journalist­en wie Hendrik Holdmann auf stern.de erklären, dass das System »dringend reformbedü­rftig« sei. »Welche Inhalte brauchen wir? Und welchen Preis sollten die Sender dafür aufbringen? Wie kann der Einfluss aus der Politik auf die Sender reduziert werden?« Fragen, die tatsächlic­h diskutiert werden müssen, anstatt den Zweck der Öffentlich-Rechtliche­n grundsätzl­ich infrage zu stellen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany