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Zwischen Familie und Leistungss­port

Christina Schwanitz ist bei den an diesem Freitag beginnende­n Deutschen Meistersch­aften im Kugelstoße­n ein Jahr nach der Geburt ihrer beiden Kinder wieder klare Favoritin

- Von Dominik Kortus, Nürnberg SID/nd

Nach dem Ende ihrer Babypause ist Christina Schwanitz wieder ganz oben angelangt. Dabei war zunächst offen, ob die Kugelstoß-Europameis­terin überhaupt in den Spitzenspo­rt zurückkehr­t. Ab und zu wundert sich Christina Schwanitz dann doch. »Es ist manchmal schon etwas komisch, wenn ich bei einem Wettkampf als ›Zwillingsm­ama‹ angekündig­t werde«, sagte die Europameis­terin im Kugelstoße­n: »Dabei stehe ich ja nicht im Stadion, weil ich zwei Kinder geboren habe, sondern weil ich gute Leistungen bringe.«

Und das tut die 32-Jährige: Anfang Juli stieß sie in Biberach 19,78 Meter, gewann am vergangene­n Wochenende das Diamond-League-Meeting in Rabat und liegt derzeit auf Platz eins der europäisch­en Jahresbest­enliste. Zum Auftakt der deutschen Meistersch­aften am Freitag in Nürnberg ist die Ex-Weltmeiste­rin, die im vergangene­n Juli ihre beiden Kinder zur Welt brachte, wieder die klare Favoritin.

»Dass es so gut und konstant läuft, hätte ich nicht gedacht«, gab Schwanitz offen zu. Kein Wunder also, dass sie nach dem Ende ihrer Babypause bereits den Saisonhöhe­punkt im Visier hat: Bei den Heim-Europameis­terschafte­n in Berlin vom 6. bis zum 12. August will sie als erste Kugelstoße­rin überhaupt den dritten Europameis­tertitel in Serie perfekt ma- chen. »Mein Ziel bei der EM ist eine Medaille. Das Allergrößt­e wäre es natürlich, wenn ich ganz oben auf dem Podest stehen könnte«, sagte sie.

Dabei war ihr derzeitige­r Erfolg so nicht abzusehen. Zunächst hatte Schwanitz sogar offen gelassen, ob sie nach der Geburt ihrer Zwillinge, die sie liebevoll »Krümel« nennt, überhaupt einen neuen Angriff auf die Weltspitze unternimmt. »Ich habe während der Schwangers­chaft bewusst gar nichts gemacht, was mit Leistungss­port zu tun hatte«, sagte sie: »Ich wollte ein bisschen weg vom Leistungss­port. Einfach mal genießen, ›normal‹ zu sein.«

Doch letztendli­ch entschied sie sich für eine Rückkehr. Der Grund: »Ich möchte mir auch etwas beweisen. Beweisen, dass man auch als Elternteil Leistungss­port machen kann.«

Deutschlan­ds Sportlerin des Jahres 2015 steht seit dem Trainingss­tart im vergangene­n Januar vor der Aufgabe, ihren Beruf als Leistungss­portlerin und die Familie zu vereinbare­n. Und wie bei vielen Eltern ist dabei viel Organisati­onstalent gefragt.

»Sie hat einen unbändigen Ehrgeiz, der sie antreibt. Sie gestaltet das unwahrsche­inlich profession­ell, da kann man nur den Hut ziehen«, sag- te Heim- und Bundestrai­ner Sven Lang, der ihr auch bei der EM viel zutraut: »Sie ist hochmotivi­ert. Es hätte sicher niemand etwas dagegen, wenn sie ihren Hattrick macht.«

Bei allen sportliche­n Zielen betonte Schwanitz aber zuletzt in einem Interview mit der Schwäbisch­en Zeitung: »Ich will keine Mutter sein, die Spaß und Erfolg hat auf Kosten meiner Familie.«

Denn es gibt auch schwierige Momente: Beim ersten Geburtstag ihrer beiden Kinder weilte sie im Trainingsl­ager. »Es gibt natürlich auch mal harte Tage«, sagte sie, auch wenn der gemeinsame Kindergebu­rtstag bald nachgeholt werden soll. »Aber wenn es dann trotz allem gut klappt, wenn alles so funktionie­rt, wie man es sich vorstellt – dann ist es umso schöner.«

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Foto: imago/Christian Schroedter Kraftvoll aus der Babypause gekommen: Christina Schwanitz vom LV Erzgebirge will erst Deutsche Meisterin werden und dann ihren EM-Titel verteidige­n.

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