Ein christlich-soziales Theater
CSU-Bürgermeister will Intendanten abstrafen, die zu einer Demonstration aufgerufen haben
»Gemeinsam gegen die Politik der Angst«: Unter diesem Motto ist am Sonntag eine Demo in München geplant. Auch Intendanten unterstützen den Protest. Das ärgert die CSU. »Schöne neue Welt« von Aldous Huxley steht an diesem Sonntagabend um 18 Uhr auf dem Programm des Münchner Volkstheaters. Um 20 Uhr beginnt an den Kammerspielen das Theaterstück »Nachts, als die Sonne für mich schien« von Uisenna Borchu. Wenn die Aufführungen über die Bühne gehen, ist der erste Akt eines Politdramas bereits vorbei. Der Titel: »CSU-Bürgermeister gegen Münchner Theater«.
Es geht um die Beteiligung der Intendanten an der bayernweiten Großdemonstration »Ausgehetzt« an diesem Sonntag, die sich gegen Rechtsruck und eine »Politik der Angst« wendet. Den Aufruf unterschrieben haben auch die Intendanten Matthias Lilienthal (Kammerspiele) und Christian Stückl (Volkstheater). Auch das Residenztheater twitterte Zustimmung. Das alles brachte Münchens Zweiten Bürgermeister Josef Schmid (CSU) auf die Palme. Die Kammerspiele und das Volks theater hätten die Neutralitätspf licht für städtische Einrichtungen verletzt, sagte der CSUPolitiker. In einem Antrag forderte die Fraktion Ober bürgermeister Dieter Reiter( SPD) zu» dienstaufs ichts rechtlichen Maßnahmen« gegen die von der Stadt finanzierten Theater auf.
Die Demonstration richtet sich gegen die Sprache des Hasses und der Verachtung, gegen Fremdenfeindlichkeit und eine Politik der Angst und plädiert für eine soziale Demokratie. »Die zur Demonstration aufrufenden Organisationen fordern wahlkämpfende Politiker und insbesondere die bayerische Regierung auf, die Gesellschaft nicht weiter durch eine eskalierende und verrohende Sprache, die aus der Angst vor dem eigenen Machtverlust entsteht, zu spalten und zu verunsichern«, heißt es in dem Aufruf. Das Ziel der Demo: »In einem gesellschaft- lichen Klima, in dem einzelne Politiker die Spaltung der Gesellschaft betreiben, wollen wir das Prinzip von Solidarität und Menschlichkeit in den politischen und gesellschaftlichen Diskurs zurückholen«, so Thomas Lechner, von der Initiative »Gemeinsam für Menschenrechte & Demokratie«. Unterzeichnet haben den Aufruf eine Vielzahl von Organisationen, darunter die Kammerspiele.
Die Münchner Kulturszene reagierte mit Kritik an der CSU-Forderung. »Position zu beziehen, war und ist Teil unseres kulturellen Auftrags«, sagte etwa Hans-Georg Küppers (SPD), Kulturreferent von München. Und betonte, man werde sich all denen – auch Politikern – entgegenstellen, »die sich in munterer Kaltblütigkeit, mit populistischer Stimmungsmache und voll eitler Selbstgerechtigkeit von demokratischen, kulturellen und moralischen Grundwerten unserer Gesellschaft verabschieden«.
Die Theaterleute wollen jedenfalls bei ihrer Haltung bleiben. Und als Kulturschaffende sind sie bei der Demo nicht alleine. Auf der Kundgebung um 15 Uhr werden etliche Künstler auftreten, darunter die Kabarettisten Max Uthoff, Luise Kinseher, Urban Priol und Georg Schramm.
»Position zu beziehen, war und ist Teil unseres kulturellen Auftrags.« Hans-Georg Küppers SPD-Kulturreferent von München