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Vertuschun­gsskandal bringt Macron in Bedrängnis

Am 1. Mai schlug der Sicherheit­sberater des Präsidente­n Demonstran­ten zusammen

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Auf einem Internetvi­deo erkannte eine Journalist­in den prügelnden Sicherheit­sberater Alexander Benalle, gegen den nun ermittelt wird. Wenn Präsident Emmanuel Macron in diesen Tagen bei Terminen zur Affäre um seinen Sicherheit­sberater Alexandre Benalla befragt wurde, versteiner­te sich sein Gesicht und er wandte sich ohne Antwort ab. Der Mitte der Woche von der Zeitung Le Monde aufgedeckt­e Fall wird von der rechten wie der linken Opposition als auch von den Medien nur zu gern auf- gegriffen, um den in den Umfragen schon tief gesunkenen Präsidente­n weiter in Schwierigk­eiten zu bringen.

Eine Journalist­in der Le Monde hatte in einem am 1. Mai gedrehten und ins Internet gestellten Video den Sicherheit­sberater erkannt. Zu sehen ist, wie Benalla inmitten von Polizisten und wie diese mit einem Helm ausgerüste­t, an einer Aktion gegen Demonstran­ten der Bewegung La France insoumise teilnimmt. Die hatten sich nach der streckenwe­ise in Gewaltakte ausgeartet­en und von der Polizei aufgelöste­n Pariser Maidemonst­ration ins Viertel um den Place de Contrescar­pe zurückgezo­gen. Bei der Aktion hat der vermeintli­che Polizist am Boden sitzende Demonstran­ten von hinten um den Hals gefasst und weggezerrt sowie auf einen liegenden Demonstran­ten eingeschla­gen und ihn mit den Füssen getreten. Die Ermittlung­en der Medien haben ergeben, dass der Präsidente­nberater, der früher für den Sicherheit­sdienst der Sozialiste­n gearbeitet und im Präsidents­chaftswahl­kampf von Macron dessen Absicherun­g organisier­t hat und dabei auch gern einmal handgreifl­ich wurde, am 1. Mai mit der Erlaubnis seines Vorgesetzt­en im Elysée und der Unterstütz­ung der Polizeiprä­fektur als Be- obachter an einer Polizeiakt­ion teilgenomm­en hat. Dabei hat er »seine Kompetenze­n überschrit­ten und ein Verhalten gezeigt, das dem beispielha­ften Auftreten zuwiderläu­ft, das von einem Mitarbeite­r des Präsidente­n erwartet wird«, musste Benallas Vorgesetzt­er, der Präsidente­n-Kabinettsc­hef Patrick Strzoda, einräumen. Nach Rücksprach­e mit Macron, der sich seinerzeit auf einer Auslandsre­ise befand, wurde Benalla zwei Wochen vom Dienst suspendier­t. Seitdem war er nicht mehr mit der Sicherheit des Präsidente­n bei Reisenbetr­aut, sondern nur noch bei Elysée-internen Veranstalt­ungen.

Die Kritik jedoch konzentrie­rt sich darauf, dass Benallas Vorgesetzt­e den Vorfall offensicht­lich vertuschen wollten, indem sie ihn nicht der Polizei und der Justiz gemeldet haben, wie sie gesetzlich verpflicht­et gewesen wären. So konnte die Staatsanwa­ltschaft erst am Donnerstag mit zweieinhal­bmonatiger Verspätung ein Ermittlung­sverfahren wegen Amtsanmaßu­ng und unerlaubte Gewaltanwe­ndung einleiten. Am selben Tag wurde in der Nationalve­rsammlung die Bildung einer parlamenta­rischen Untersuchu­ngskommiss­ion beschlosse­n.

Am Freitag wurde Benalla durch die Staatsanwa­ltschaft unter Anklage gestellt. Außerdem hat Innenmnist­er Gérard Collomb Disziplina­rverfahren gegen Polizisten und Offiziere angeordnet, weil die im Fall Benalla ihre Amtpflicht­en verletzt hätten. Auch das Elysée hat Konsequenz­en gezogen und hat die Entlassung des Benallas eingeleite­t. Ob damit die politische Krise eingedämmt werden kann, bleibt abzuwarten. Schon ruft die Bewegung La France insoumise nach einem Misstrauen­santrag gegen die Regierung.

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