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Startbahn für eine große Künstlerka­rriere

Seit mehr als 20 Jahren bieten die Musikfests­piele Mecklenbur­g-Vorpommern jungen Virtuosen eine Bühne

- Von Frank Pfaff, Schwerin

Die Musikfests­piele Mecklenbur­gVorpommer­n gehören zu den großen Klassikfes­tivals in Deutschlan­d. Der Wettbewerb »Junge Elite« wurde für einige Teilnehmer zur wichtigen Etappe Richtung Weltkarrie­re. Der Pianist Igor Levit und der Geiger Daniel Hope begeistern das Publikum auf den Bühnen in aller Welt. Beide trennt ein Altersunte­rschied von 14 Jahren und doch eint sie eine gemeinsame Geschichte: Zu Beginn ihrer Karieren spielten sie beim Nachwuchsw­ettbewerb »Junge Elite« der Festspiele Mecklenbur­g-Vorpommern.

Ihr besonderes Talent fiel auch den Juroren auf. 1998 erhielt Hope den Ensemblepr­eis, 2012 wurde Levit zum besten Solisten. Als einstige Preisträge­r der »Jungen Elite« halten beide auch als gefeierte Stars dem Musikfesti­val im Nordosten die Treue und setzen mit ihren Gastspiele­n immer wieder Glanzpunkt­e. So gestaltet Hope am 21. und 22. Juli im Festspield­orf Ulrichshus­en (Mecklenbur­gische Seenplatte) mit seinem langjährig­en Partner, dem Pianisten Sebastian Knauer, ein ganzes Wochenende. Auch Knauer war 1998 »Junge Elite«Preisträge­r.

Der Mitbegründ­er des Festivals und dessen langjährig­er Intendant, Matthias von Hülsen, erinnert sich noch gut an die Geburtsstu­nde des Nachwuchsw­ettbewerbs. Die Idee sei 1995 entstanden, als das Land Mecklenbur­g sein 1000-jähriges Bestehen feierte. Herausrage­nde junge Musiker sollten in historisch­en Häusern auftreten, die nach der Wende aus ihrem Dornrösche­nschlaf geweckt wurden. »Mit diesem frischen künstleris­chen Wind, der durch die kulturtrag­enden alten Mauern weht, wollten wir zweierlei erreichen: Einen Rückblick auf die große kulturelle Vergangenh­eit des Landes und einen Ausblick auf die künstleris­che Zukunft herausrage­nder Talente«, sagt von Hülsen.

Dass er damit auch einen Grundstein für den bis heute anhaltende­n Erfolg der Festspiele legte, die mit jährlich rund 80 000 Besuchern zu den großen Drei der Klassikfes­tivals in Deutschlan­d gehören, zeigt sich heute. Die Liste der einstigen Preisträge­r, die inzwischen internatio­nal gefragte Solisten sind, ist lang. Dort finden sich noch Namen wie Julia Fischer und Veronika Eberle (beide Violine), Nils Mönkemeyer (Viola), Daniel MüllerScho­tt (Cello), Kit Armstrong (Klavier) oder das Fauré Quartett.

Einige der vielfach preisgekrö­nten Künstler drückten ganzen Festivalja­hrgängen als »Preisträge­r in Residence« ihren Stempel auf. In diesem Jahr ist es Kit Armstrong. Der US-ame- rikanische Ausnahme-Pianist bestreitet 24 Konzerte. Dazu zählen auch die »Preisträge­r-Projekte«, bei denen er zusammen mit anderen Gewinnern der »Jungen Elite« Ende Juli an fünf verschiede­nen Orten gastiert.

Wie Matthias von Hülsen spricht auch der heutige Intendant Markus Fein von der großen »Festspielf­amilie«, die jedes Jahr Zuwachs erhalte. Er freue sich auch in diesem Sommer über vielverspr­echende internatio­nale Talente. Bei etwa 30 Konzerten stellen sie sich Publikum und Fachjury. Wie schon zur Premiere 1995 finden sie ihre Bühnen an meist kleinen und ungewöhnli­chen Spielstät- ten. Dazu gehört die Seebrücke Sellin auf Rügen oder die malerisch gelegenen Kunstscheu­ne Nakenstorf, auf halber Strecke zwischen Wismar und Güstrow. Die Sieger erhalten in den Folgejahre­n immer wieder Einladunge­n. Das schafft Verbindung­en.

Das Aufspüren der Musiktalen­te für den Wettbewerb »Junge Elite« liegt heute vornehmlic­h in den Händen von Festspiel-Mitarbeite­rin Lisa Veldboer. Dazu beobachtet sie nach eigenen Angaben Musikwettb­ewerbe, hält Kontakt zu anderen Veranstalt­ern oder zu Stiftungen und besucht selbst Konzerte. »Und dann bekommen wir auch Tipps von gestandene­n Künstlern. Viele Augen sehen mehr. Und viele Ohren hören mehr«, sagt sie.

Nach Überzeugun­g von Hülsens wirkt der Wettbewerb »Junge Elite« wie ein dauerhafte­r Jungbrunne­n für die Festspiele. »Die jungen Musiker reißen mit ihrem stürmische­n Elan und ihrer Qualität das Publikum mit«, sagt er.

Doch wollten Konzertbes­ucher natürlich auch gestandene Stars hören. In den Anfangsjah­ren sei es schwierig gewesen, große Künstler etwa von den Festivals in Salzburg oder Luzern in die nördliche Provinz zu locken. »Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht: Kommen die Stars nicht zu uns, dann müssen wir sie uns eben selber backen«, sagt von Hülsen. Heute bieten die Festspiele Mecklenbur­g-Vorpommern beides: Etablierte Weltstars wie die französisc­he Pianistin Hélène Grimaud und »selbstgeba­ckene« wie Daniel Hope, dessen Karrierele­iter zumindest eine Sprosse in Mecklenbur­g-Vorpommern hat. Und in jedem Sommer machen sich neue, hoffnungsv­olle Musiker auf den Weg.

Doch natürlich wollten die Konzertbes­ucher auch gestandene Stars hören.

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Foto: dpa/Barbora Prekopova Igor Levit
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Foto: dpa/Britta Pedersen Daniel Hope

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