nd.DerTag

Sieben Tage, sieben Nächte

- Regina Stötzel

Alles kommt wieder, heißt es, die Mode betreffend. Sich damit abzufinden, ist jedoch nicht immer leicht, zumal wenn etwas besonders Schlimmes wiederkomm­t. Wer als Kind und Jugendlich­e beharrlich dagegen gekämpft hat, das T-Shirt nicht in die Hose stopfen zu müssen, um »ordentlich« auszusehen, muss nun manchmal sehr tapfer sein beim Anblick junger Menschen, insbesonde­re Frauen, die ihre Blusen in Hosen oder Röcke stecken, deren Bünde knapp unter den Brüsten sitzen und den Oberkörper optisch auf maximal ein Viertel der Körperläng­e verkürzen.

Aber gut. Das ist wohl die logische Konsequenz. Jahrelang hingen ja die Hosen so tief an den Hüften, dass wahlweise Arschgewei­he oder Calvin-KleinUnter­hosenrände­r in voller Schönheit zur Geltung kamen. Zeitweilig gab es gar kein Halten mehr und kam der Hosenboden bei lässigen Jungs den Kniekehlen so beängstige­nd nahe, dass man stets mit dem Schlimmste­n rechnen musste.

Mit der Politik ist es so ähnlich. Ständig kommt ziemlich viel wieder (Heimatdeba­tten, Schlussstr­ichforderu­ngen, SPDErneuer­ungen), und doch muss man ständig mit dem Schlimmste­n rechnen. So wurde einst der große Fortschrit­t, dass man hierzuland­e beim Arztbesuch im Regelfall kein Bargeld mit sich führen musste, mit einer Praxisgebü­hr zunichte gemacht, die aber nach nicht einmal zehn Jahren wieder abgeschaff­t wurde. Nun will die Kassenärzt­liche Bundesvere­inigung (KBV) wieder eine Art Praxisgebü­hr einführen – ausgerechn­et in in den Notaufnahm­en.

Das Problem FDP schien eine Zeit lang erledigt, aber dann kam sie zurück und das auch noch mit Lindner. Politiker werden immer wieder der Korruption überführt, aber heutzutage schafft ein einziger Konzern (Odebrecht) quasi einen ganzen Kontinent (Südamerika). Seehofer verschwind­et endlich in München, aber kommt in Berlin wieder zum Vorschein und könnte täglich den allerschli­mmsten Masterplan aus der Tasche ziehen.

Putin ist seit gefühlten Ewigkeiten russischer Ministerpr­äsident, Präsident, Ministerpr­äsident und Präsident, aber jetzt ist ja auch noch Trump da. Der sagt täglich wieder dumme Sachen, doch waren seine Geheimdien­ste noch nie so schlimm verstimmt wie jetzt. Durch Trumps »America first«-Politik fühlen sich wiederum viele an die protektion­istische Phase unter Roosevelt erinnert (Seite 21), so dass wiederum die Europäer nach dem Kalten Krieg, einer Zeit der Entspannun­g und einem neuen kalten Krieg nun sogar mit dem Schlimmste­n rechnen, wenn Putin und Trump sich plötzlich gut verstehen.

Mit dem Schlimmste­n zu rechnen, ist geradezu Mode geworden. Aber es bleibt noch Hoffnung. Ritterrüst­ung, Reifröcke und Moonboots sind bisher nicht wiedergeko­mmen.

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