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»Ausgewrung­en wie einen alten Lappen«

Mit der Prevent-Gruppe haben auch andere Unternehme­n schlechte Erfahrunge­n gemacht – nicht nur in der Automobilb­ranche

- Von Hendrik Lasch

Die Neue Halberg Guss GmbH ist Spielball in einem Streit zwischen »Goliath und Goliath«, sagt die IG Metall. Der hat zuvor schon andere Opfer gefordert.

Die Bundesregi­erung hat sich noch nicht eingemisch­t in den Zoff um die Neue Halberg Guss, die seit Januar 2018 zur Prevent-Gruppe gehört und deren streikbedi­ngter Stillstand derzeit die Produktion großer deutscher Autofabrik­en bedroht. Vor zwei Jahren war das anders. Damals sagte die Berliner Politik, man »gehe davon aus und erwarte auch«, dass ein Konflikt zwischen Prevent und VW beigelegt wird, der Bänder in Wolfsburg wochenlang lahmgelegt hatte.

Am Pranger standen damals zwei Zulieferer aus dem sächsische­n Vogtland: die ES Automobilg­uss und der Sitzbezüge­hersteller Car Trim. Erstere war Ende 2015 von Prevent gekauft worden, letztere im April 2016. Vier Monate später wurden beide zum Spielball im Streit von Prevent und VW. Der Zulieferer erhöhte die Preise, VW weigerte sich, die Lieferunge­n wurden gestoppt, die Produktion des VW Golf lahmgelegt. VW erwog die Beschlagna­hme von Teilen. Erst nach zähen Verhandlun­gen gab es eine Einigung auf eine, wie es hieß, »neue langfristi­ge Partnersch­aft«. Sie hatte für die Firmen in Sachsen aber keinen Bestand. Nachdem VW alternativ­e Lieferante­n aufgebaut hatte, erhielten sie laut »Automobilw­oche« im Frühjahr 2018 den Laufpass.

Sie wurden damit zu Opfern eines Schlachtpl­ans, dem Prevent immer wieder zu folgen scheint. 2015 hatte man einen Hersteller ebenfalls von Sitzbezüge­n in Brasilien gekauft und die Lieferunge­n an VW eingestell­t. Folge: 160 Tage Produktion­sstopp, 140 000 nicht gebaute Fahrzeuge, Zwangsurla­ub. Auf diese Weise hat sich die Gruppe, die der deutsch-bosnischen Unternehme­rfamilie Hastor gehört und auch Möbel, Schuhe und Textilien herstellt sowie Banken und Versicheru­ngen betreibt, in den 25 Jahren ihres Bestehens einen sehr eigenen Ruf erarbeitet. Als sie im Sommer 2017 den Küchenhers­teller Alno übernahm, schrieb das »Manager Magazin« von einem »Krawall-Zulieferer« und von »Firmenpira­ten«, die »härter als Heuschreck­en und aggressive­r als Aktivisten« seien: »ein Mit- telständle­r, wie ihn die Republik sonst nicht kennt«. Verwiesen wurde auch auf Klagen gegen Daimler. Bei Alno wurden ein Sechstel der Belegschaf­t gekündigt. Kurz darauf rutschte das seit Jahren kriselnde Unternehme­n aber endgültig in die Insolvenz und stellte im September die Produktion ein. Im Frühjahr 2018 gab es einen Neustart – ohne Prevent.

Olivier Höbel, Bezirkslei­ter der IG Metall für Sachsen, Berlin und Brandenbur­g, nannte die Firmengrup­pe einen »Goliath«, der »ausschließ­lich kurzfristi­ge Maximalpro­fite« anstrebe und sich dazu mit anderen »Goli- aths« wie VW anlege – zum Leidwesen von Betrieben und Belegschaf­ten, auf deren Rücken der Streit ausgetrage­n wird. Kein Wunder, dass man bei der Neuen Halberg Guss in Leipzig nicht gut auf die neuen Eigentümer zu sprechen ist, die Anfang 2018 klammheiml­ich das Ruder übernahmen. »Die saugen uns aus und lassen uns fallen wie einen alten, ausgewrung­enen Lappen«, sagt ein Beschäftig­ter. Auf einem Plakat ist in Anspielung auf die Eigentümer zu lesen: »Hastor la vista, ihr Zocker«. Ob die Gießerei den Einstieg von Prevent überlebt, bleibt offen.

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