nd.DerTag

Schuld und Sühne

Auch Karlen Vesper empört sich über eine Entscheidu­ng des SPD-Vorstandes

-

»Auseinande­rsetzungen über Politik sind häufig mit Streitfrag­en zur Interpreta­tion der Geschichte verbunden; umgekehrt haben historisch­e Debatten nicht selten eine politische Dimension«, liest man auf der Homepage der Historisch­en Kommission beim Parteivors­tand der SPD, die noch nicht vermeldet, dass das Gremium aufgelöst ist. Weil die Mitglieder »überrascht und empört« sind und nicht daran denken, sich der angeblich pekuniären Gründen geschuldet­en Entscheidu­ng des Parteivors­tandes zu beugen? Und Widerstand leisten wollen – eine sozialdemo­kratische Tugend wie der zu Zeiten parteieige­ne Opportunis­mus eine Untugend war und ist.

Eiskalt erwischte die SPD-Historiker der Beschluss, in dem sie »ein verheerend­es Symbol für Geschichts­losigkeit« sehen. In der Tat fragt man sich, warum die Abwicklung obendrein ausgerechn­et im Jubiläumsj­ahr der Revolution von 1918 erfolgt? Um nicht zu reden über Schuld und Sühne, Verantwort­ung und Verdienste? Über den Sturz der Hohenzolle­rn, Wittelsbac­her und anderer Potentaten sowie die Beendigung eines mörderisch­en Krieges dank aufrechter Sozialdemo­kraten vor 100 Jahren? Und den Verrat durch die eigene Führung, die einen fatalen Pakt mit den Konservati­ven schloss? Nervt die Mahnung der Geschichte die koalierend­en Sozialdemo­kraten? Per Beschluss ist ihr indes nicht zu entfliehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany