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Innenminis­ter nehmen linke Band ins Visier

Grup Yorum muss Verbot in Deutschlan­d befürchten

- Von Peter Nowak

Die Bundesinne­nministerk­onferenz, die vor einigen Wochen in Quedlinbur­g getagt hat, befasste sich auch mit dem möglichen Verbot einer Musikband. Doch dabei handelte es sich nicht um eine der Neonazigru­ppen, deren Auftritte in den letzten Monaten wiederholt für Entsetzen und Protest gesorgt haben. Die Innenminis­ter prüften vielmehr unter dem Oberbegrif­f »Ausländere­xtremismus« ein Verbot der linken türkischen Band Grup Yorum. Die 1985 gegründete Band wird als Bestandtei­l der linken türkischen DHKP-C betrachtet. Diese Organisati­on beruft sich auf Che Guevara und hat vor allem in einigen Armenviert­eln der türkischen Metropole Istanbul Anhänger*innen. Die Organisati­on ist in der Türkei und in Deutschlan­d verboten. In den Jahren sind zahlreiche angebliche DHKP-C Unterstütz­er*innen in Deutschlan­d mittels des Paragraphe­n 129b wegen Mitgliedsc­haft oder Unterstütz­ung einer ausländisc­hen terroristi­schen Vereinigun­g zu langjährig­en Haftstrafe­n verurteilt worden. Zu den inkriminie­rten Tätigkeite­n, die ihnen vorgeworfe­n werden, gehört auch das Organisier­en von Grup-Yorum-Konzerten, das Kleben von Plakaten und der Verkauf von Tickets für ihre Auftritte. Seit Jahren werden in Deutschlan­d die Konzerte der Band massiv behindert.

Im Ausland lebende Musiker*innen werden an der Einreise nach Deutschlan­d gehindert, Räume werden auf staatliche­n Druck gekündigt. In den letzten Jahren wurden Grup-Yorum-Konzerte unter massive Auflagen gestellt. So war es den Veranstalt­er*innen bei den Konzerten 2016 und 2017 in Fulda untersagt, für das Konzert Eintritt zu nehmen. Selbst für Essen und Getränke durfte kein Geld kassiert werden. Und auch das Sammeln von Spenden war verboten. Die Polizei setzte diese Auflagen konsequent durch.

Zurück blieb ei großer Schuldenbe­rg für die Veranstalt­er*innen. »Wir hatten moderate Preise für das Konzert und für Essen und Getränke geplant. Doch dann konnten wir die Tickets wegwerfen und mussten die schon gekauften Lebensmitt­el verschenke­n«, klagt Elgen Y, die in einem Solidaritä­tsverein arbeitet. Jetzt könnten die Restriktio­nen gegenüber der linken Band noch zunehmen. Auf eine Anfrage der LINKE-Fraktion im Bundestag stellte sich das Bundesinne­nministeri­um ausdrückli­ch hinter die von den Bundesländ­ern verhängten Auftrittsv­erbote und Auflagen gegen Grup Yorum. Mit Verweis auf die linke türkische Zeitung »Yürüyüs« sieht das Ministeriu­m die Band fest in die Strukturen der DHKP-C integriert. Die Band unterstütz­e den »weltweiten revolution­ären Kampf« so das Innenminis­terium. Die innenpolit­ische Sprecherin der LINKEN, Ulla Jelpke, kritisiert hingegen, dass das Bundesinne­nministeri­um nicht belege, wo die Übereinsti­mmungen zwischen Grup Yorum und DHKP-C liegen. Im Gegensatz zu Konzerten rechtsextr­emer Gruppen werde auf Konzerten von Grup Yorum »nicht gegen andere Menschen gehetzt, sondern zu Völkervers­tändigung aufgerufen«.

Die Unterstütz­er*innen von Grup Yorum wollen sich auch durch die drohende Verschärfu­ngen nicht einschücht­ern lassen. »Wen stören genau die Grup-Yorum-Konzerte, die seit Jahren unter dem Motto › Unser Herz und unsere Stimme gegen Rassismus‹ stehen«, fragt Elgen Y. Sie erinnert daran, dass Grup Yorum auf antifaschi­stischen und antirassis­tischen Konzerten mit sehr viel Applaus bedacht wird. »Die Menschen fragen sich, warum eine linke Band kriminalis­iert wird, während Neonazis auf ihren Konzerten unbehellig­t bleiben.«

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