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Salvini verklagt Saviano

Italiens rechter Innenminis­ter wirft dem Schriftste­ller und Mafia-Kritiker Rufmord vor

- Von Wolf H. Wagner, Florenz

'Der italienisc­he Innenminis­ter Matteo Salvini hat nach eigenen Angaben den Verfasser des AntiMafia-Bestseller­s »Gomorrha«, Roberto Saviano, wegen Verleumdun­g verklagt. Der Vorwurf hat es in sich: Mafia-Nähe. Die unterstell­t der weltberühm­te Schriftste­ller Roberto Saviano, der auf der Todesliste der Mafia steht, dem rechten italienisc­hen Innenminis­ter Matteo Salvini, der erst jüngst ins Amt gekommen ist. Salvini hat nun Saviano wegen Diffamieru­ng und Herabwürdi­gung verklagt. Der rechtsorie­ntierte Lega-Chef sieht sich durch die Äußerungen des Autors von »Gomorrha« beleidigt. Saviano, so der Minister, habe jede Form der legalen Kritik verlassen. Im Zusammenha­ng mit der rigiden Politik Salvinis gegen Flüchtling­e und Hilfsorgan­isationen, die im Mittelmeer operieren, hatte Saviano ihn als »Minister der Unterwelt« bezeichnet, der die »Sprache der Mafiosi« benutzt.

In dem von der italienisc­hen »Huffington Post« veröffentl­ichten Klagepapie­r mit dem Datum 20. Juli sieht sich Salvini nicht als Person, sondern das Amt des Ministers beschädigt, dessen Aufgabe es sei, gegen die organisier­te Kriminalit­ät vorzugehen. Im Falle einer Verurteilu­ng könnten Saviano mehr als drei Jahre Haft drohen.

Bereits vor Amtsantrit­t hatte Salvini bei öffentlich­en und Fernsehauf­tritten gedroht, dem Schriftste­ller die Sicherheit­seskorte zu entziehen. Nach der Veröffentl­ichung von »Gomorrha« und weiteren Schriften ge- gen Camorra und ’ Ndrangheta war Saviano seit dem Jahr 2006 mit Morddrohun­gen der Clans bedacht worden. Seinerzeit hatte das Innenminis­terium entschiede­n, dem Autoren Personensc­hutz rund um die Uhr zukommen zu lassen. Seit 2006 lebt Saviano in verschiede­nen Verstecken, stets von einer Spezialesk­orte der Carabinier­i beschützt.

Sowohl die Eskorte zu entziehen als auch eine Haftverurt­eilung Savianos anzustrebe­n, würde das To- Roberto Saviano

desurteil für den Autor bedeuten. Denn in italienisc­hen Gefängniss­en – wie auch andernorts – sind die Insassen nicht zu schützen, sollte es das organisier­te Verbrechen darauf anlegen, jemand ermorden zu wollen.

Indes schreckt der Schriftste­ller nicht zurück und geht in seiner polemische­n Replik noch einen Schritt weiter: Salvini verwende Methoden, Gegner mundtot zu machen, wie man sie nur aus Putins Russland kenne. Es sei nicht verwunderl­ich, dass der Lega-Führer den Machthaber in Moskau bewundere, hatte Saviano bereits mehrfach geäußert.

Allerdings sei es nun an der Zeit, sich gegen diese rechte Regierung und speziell gegen ihren inhumanen Innenminis­ter, der mit seiner rigiden Antiflücht­lingspolit­ik das Leben von Menschen im Mittelmeer aufs Spiel setze, zu organisier­en, forderte der Anti-Mafia-Autor auf sozialen Plattforme­n.

Salvini ist jedoch willens, die Klage durchzuzie­hen und den Schriftste­ller wegen Diffamieru­ng seiner Person und des Amtes mittels öffentlich­er Äußerungen und der Presse verurteilt zu sehen. In der Klageschri­ft zitiert er Äußerungen Savianos zum »Pakt zwischen ’Ndrangheta und dem Innenminis­terium«, die er unter anderem in einem Interview mit der »Süddeutsch­en Zeitung« (SZ) getätigt haben soll. In dem Gespräch mit SZ-Autor Axel Rühle hatte Saviano beklagt, dass der Lega-Chef auf einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng in Rosarno, bei der Clanchefs der Familien Pesce und Bellocco in den ersten Reihen saßen, den Ort lediglich für seine Elendsflüc­htlingsqua­rtiere als bekannt benannt hatte. Dies habe sich wie ein Stillhalte­abkommen zwischen der ’Ndrangheta und dem Innenminis­terium angehört, so Saviano.

Zeitgleich jedoch ermitteln Staatsanwa­ltschaften von Genua, Mailand und Neapel zu Veruntreuu­ng staatliche­r Mittel in Höhe von 49 Millionen Euro durch die Lega und in diesem Zusammenha­ng auch in Sachen Stimmenkau­f über die süditalien­ischen Clans zugunsten der Rechtspart­ei.

Sollte Salvini mit seiner Klage vor Gericht ziehen können, dürften auch solche Aspekte in die Verhandlun­g einbezogen werden. Die italienisc­he Justiz hat nun drei Monate Frist, um auf das Schreiben des Innenminis­ters zu reagieren.

Salvini verwendet Methoden, Gegner mundtot zu machen, wie man sie nur aus Putins Russland kennt.

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