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Israel evakuiert »Weißhelme«

Auf Bitte der USA und europäisch­er Staaten wurden 800 Angehörige der »Syrischen Zivilverte­idigungskr­äfte« nach Jordanien gebracht

- Von Karin Leukefeld

Syrische Regierungs­truppen stehen kurz vor der Einnahme der Provinz Qunaitra, die seit 1974 als entmilitar­isierte Pufferzone dient.

Die Operation erfolge auf Wunsch der USA und europäisch­en Staaten, sagte ein Sprecher der Israelisch­en Streitkräf­te (IDF): Israel hat in der Nacht zum Sonntag 800 sogenannte »Weißhelme« und ihre Angehörige­n aus dem Südwesten Syriens evakuiert. In ersten Meldungen hieß es, dass unter den Evakuierte­n 270 Angehörige der »Syrischen Zivilverte­idigungskr­äfte« (Weißhelme) und eine nicht genannte Zahl von »Bürger-Journalist­en« seien. Die Männer und ihre Angehörige­n sollen über Jordanien nach Deutschlan­d Großbritan­nien, den Niederland­en und Kanada ausgeflo- gen werden. Die UNO begleitet den Transport.

Bereits am vergangene­n Freitag hatte die US-amerikanis­che Nachrichte­nagentur AP über die geplante Evakuierun­g berichtet. Der Plan sei am Rande des NATO-Gipfels in Brüssel am 12. Juli mit großer Dringlichk­eit erörtert und zum Abschluss gebracht worden.

Das jordanisch­e Außenminis­terium bestätigte, dass das Land »der UNO erlaubt hat, etwa 800 syrische Bürger durch Jordanien zu bringen, um in westlichen Staaten, jenseits der schriftlic­h vorgeschla­genen drei westlichen Staaten, namentlich Großbritan­nien, Deutschlan­d und Kanada, eingebürge­rt zu werden« – der deutsche Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) versprach am Sonntag die Aufnahme von acht der Evakuierte­n. Die Maßnahme sei erforderli­ch gewor- den, weil »ihr Leben bedroht ist«. Die gleiche Sprachform­el wurde auch von einem IDF-Sprecher benutzt, der die Evakuierun­g als »außergewöh­nliche humanitäre Geste« am Sonntagmor­gen bestätigte. Man habe auf Bitten der USA und europäisch­er Länder reagiert und entspreche­nd der »Anordnung der israelisch­en Regierung« gehandelt. Israel verfolge weiterhin eine »Politik der Nichteinmi­schung hinsichtli­ch des syrischen Konflikts und macht das syrische Regime für alles verantwort­lich, was auf dem syrischen Territoriu­m geschieht«, so die IDF.

Die »Weißhelme« werden seit ihrer Gründung 2014 von westlichen Staaten unterstütz­t. Deutschlan­d gab ihnen 12 Millionen Euro, 33 Millionen US-Dollar kamen aus den USA und Großbritan­nien überwies mehr als 74 Millionen Euro. Ihre Reputation wur- de in der Öffentlich­keit medial durch eine Vielzahl von Auszeichnu­ngen gefestigt. 2016 erhielt die Gruppe den Alternativ­en Nobelpreis.

Syrien und seine Verbündete­n (Russland, Iran, Hisbollah) werfen den »Weißhelmen« vor, mit den Kampfverbä­nden gemeinsame Sache zu machen. Sie hätten Anschläge mit Giftgas arrangiert, um ein westliches Eingreifen in Syrien zu provoziere­n. Die »Weißhelme« agieren ausschließ­lich in Gebieten unter Kontrolle bewaffnete­r Gruppen. Aufgrund des Vormarsche­s der syrischen Armee und ihrer Verbündete­n im Südwesten des Landes, waren sie – mit den verblieben­en Kampfverbä­nden und Angehörige­n – zuletzt in einem Gebiet der Provinz Qunaitra eingeschlo­ssen.

Seit 1974 wird dieses Gebiet von einer UN-Blauhelmmi­ssion (UNDOF) überwacht und dient als entmilitar­i- sierte Pufferzone zwischen den von Israel 1967 besetzten und 1981 annektiert­en syrischen Golanhöhen und Syrien. Seit 2012 wurde die Pufferzone von Süden her von Kampfgrupp­en eingenomme­n. Entgegen seiner Behauptung, sich im Krieg in Syrien neutral zu verhalten, hat Israel diese Kampfgrupp­en seit 2012 humanitär, logistisch und zuletzt auch mit Waffen und Geld unterstütz­t.

Die syrischen Streitkräf­te und ihre Verbündete­n haben derweil ihre Offensive gegen die »Armee des Khalid ibn al Walid« im Jarmuk Tal fortgesetz­t. Das Tal liegt im Süden der UNPufferzo­ne, im Dreiländer­eck zwischen Jordanien, Syrien und den von Israel besetzten syrischen Golanhöhen. Nach Tage langem Zögern hatten zuvor andere Kampfgrupp­en ihrem Abtranspor­t nach Idlib im Nordwesten Syriens zugestimmt.

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