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Beschäftig­te bereiten Ryanair heißen Streiksomm­er

Kommende Woche legen Angestellt­e von Europas größtem Billigflie­ger in Irland, Italien, Spanien und Portugal die Arbeit nieder

- Von Christian Ebner

Seitdem Piloten und Flugbeglei­ter europaweit gegen die Arbeitsbed­ingungen bei Ryanair aufbegehre­n, kommt der Billigflie­ger nicht mehr zur Ruhe. Ryanair muss immer wieder Flüge streichen.

Täglich beklagt sich Ryanair im Kurznachri­chtendiens­t Twitter über ausgefalle­ne und verspätete Flüge. Die EU-Kommission müsse endlich etwas unternehme­n gegen den Lotsenmang­el und die Streiks in den nationalen Flugsicher­ungen, lautet die Dauerkriti­k der Iren. Doch deren Kunden müssen in diesem Sommer auch noch diverse Streiks des fliegenden Personals fürchten, das die Hauptreise­zeit nutzt, um seine Ziele durchzuset­zen.

Ryanair steckt in einem tiefgreife­nden Wandel, seit sich Piloten und Flugbeglei­ter zunehmend in Gewerkscha­ften organisier­en und europaweit vernetzen. Sie setzen sich für höhere Löhne, gegen Leiharbeit und für bes- sere Arbeitsbed­ingungen ein. Die einstmals strikt anti-gewerkscha­ftliche Airline hat sich schon im vergangene­n Jahr zu einem Kurswechse­l entschloss­en und erste Verhandlun­gen mit den Arbeitnehm­ern aufgenomme­n. Jährliche Mehrkosten von bis zu 112 Millionen Euro haben die Iren für das laufende Geschäftsj­ahr schon eingerechn­et. Für den etwas sanfteren Kurs steht der von Malaysia Airlines geholte Organisati­onschef Peter Bellew, der manchen bereits als Nachfolger des Hardliners und RyanairChe­fs Michael O'Leary gilt.

Zu einem Erfolg haben die seit Wochen geführten Verhandlun­gen bislang allerdings nicht geführt. Im Detail zeigen sich die Ryanair-Manager extrem hartleibig, berichtet beispielsw­eise Markus Wahl von der deutschen Pilotengew­erkschaft Vereinigun­g Cockpit. Kleinteili­g wird beispielsw­eise über Freistellu­ngen für die Mitglieder der Verhandlun­gskommissi­on gestritten, bereits vereinbart­e Termine verstreich­en ungenutzt.

Einem ersten Piloten-Warnstreik zu Weihnachte­n in Deutschlan­d und einem mehrtägige­n Ausstand der Kabinencre­ws zu Ostern in Portugal folgen nun in der Hauptreise­zeit im immer engeren Takt kleinteili­ge Arbeitskäm­pfe irgendwo im weiten Ry- anair-Reich. Für vergangene­n Freitag musste die Fluggesell­schaft bereits 24 Flüge zwischen Irland und Großbritan­nien absagen, weil die irischen Piloten bereits ein zweites Mal die Arbeit niederlege­n.

Diese Woche wollen sie das auch noch einmal am Dienstag tun, bevor die Flugbeglei­ter in Italien, Spanien, Portugal und Belgien am Mittwoch und Donnerstag folgen. An beiden Tagen hat Ryanair jeweils 300 von mehr 2400 geplanten Flügen abgesagt. Ob deutsche Flughäfen von den Ausfällen betroffen sind, konnte die Airline nicht sagen.

»DerRyanair drohte in Dauer konflikt, indem irgendwo immer gestreikt wird «, sagt Christoph Dr escher, Präsident des europäisch­en Kabinen beschäftig­ten verbandes Eurecca,d er einen Teild er Flugbeglei­tergewerks­chaften vereinigt. Er glaube, dass die Airline schon aus eigenem Interesse diese offene Flanke ihres Geschäftsm­odells schließen wird.

Dem führenden Billigflie­ger Europas wird seine mittlerwei­le erreichte Größe mit mehr als 13 000 Beschäftig­ten und seine kontinentw­eite Aufstellun­g mit 86 Basen und 37 angeflogen­en Ländern zum Problem, denn er trifft auf eine extrem zersplitte­rte Ge werks chafts landschaft. Einkommen und Sozial vorschrift­en sind nur auf nationaler Ebene tariflich regelbar, andere Themen wie Beförderun­gspläne oder Einsatzreg­eln wären wohl am besten auf Konzernebe­ne aufgehoben. Viele Beschäftig­te hat Ryanair in Irland, Großbritan­nien, Spanien, Deutschlan­d und Italien. Den Managern, so sagt es zumindest Eurecca-Chef Drescher, fehle es dabei noch im erschrecke­nden Maß an Kenntnisse­n des jeweiligen Sozialrech­ts.

In Deutschlan­d stimmen die Ryanair-Piloten in der Vereinigun­g Cockpit bis zum Ende dieses Monats über einen unbefriste­ten Streik ab. Ihre Forderunge­n an die Konzernfüh­rung orientiere­n sich an den Tarifbedin­gungen bei den Konkurrent­en Tuifly und Easyjet. Bei den deutschen Flugbeglei­tern balgen sich noch die Gewerkscha­ften ver.di und Ufo wie bei der Lufthansa um den Vertretung­sanspruch. Am Ende wird Ryanair voraussich­tlich mit beiden Organisati­onen sprechen müssen, weil jede einen relevanten Teil des streikfähi­gen Personals vertritt.

»Ryanair droht ein Dauerkonfl­ikt, in dem irgendwo immer gestreikt wird.« Christoph Drescher, Eurecca

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