nd.DerTag

Rassismus, Bespitzelu­ng, Mobbing ...

Kieler Innenminis­ter räumt bei der Landespoli­zei auf

- Von Dieter Hanisch, Kiel

Auf Missstände bei der Landespoli­zei hat Schleswig-Holsteins Innenminis­ter Hans-Joachim Grote (CDU) personell wie strukturel­l reagiert. Er greift damit der Arbeit eines Parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­sses (PUA) vor. Die Entscheidu­ngen fußen auch auf einem 394-seitigen Sonderberi­cht von Ex-Innenminis­ter Klaus Buß (SPD).

Rassistisc­he wie sexistisch­e Vorfälle und Alkoholexz­esse in der Landespoli­zeischule, Mobbing und Bespitzelu­ng beim Landeskrim­inalamt (LKA), hierarchis­ches Eingreifen durch Vorgesetzt­e in Alltagserm­ittlungen erfahrener Beamter im Verlauf der Polizeiarb­eit gegen Rockerkrim­inalität, eine vermeintli­che Aktenmanip­ulation sowie scheinbare Unterdrück­ung von Beweismitt­eln – die Liste von Vorhaltung­en in der Landespoli­zei ist in den letzten Jahren immer länger geworden. Grote ist erst ein Jahr Minister, sah sich aber gleich nach Amtsantrit­t zum Handeln genötigt, war das Image der Polizei durch die Vorkommnis­se doch in Misskredit geraten.

Nach der Sommerpaus­e soll mit den ersten Zeugenvern­ehmungen begonnen werden. Mehr als 100 wird es geben.

Zunächst räumte Grote personell auf. Im vergangene­n Herbst entband er den langjährig­en Leiter der Polizeiabt­eilung in seinem Ministeriu­m Jörg Muhlack und Landespoli­zeidirekto­r Ralf Höhs von ihren Aufgaben. Die wichtige Stabsstell­e im Ministeriu­m bekleidet nun mit Torsten Holleck ein Jurist. Die Polizeifüh­rung übernimmt zum 1. August Michael Wilksen, bisher Leiter der Polizeidir­ektion für Aus- und Fortbildun­g sowie der Bereitscha­ftspolizei. Ferner findet ein Wechsel an der LKA-Spitze statt. Thomas Bauchrowit­z, bisher Polizeiche­f in Kiel, bekommt am 1. September den dortigen Leitungspo­sten und löst Ruheständl­er Torsten Kramer ab.

Zuletzt kündigte Grote an, die polizeilic­he Gliederung im Land zu ändern. Die gemeinsame Direktion für Aus- und Fortbildun­g sowie Bereitscha­ftseinheit­en soll getrennt werden. Die Wasserschu­tzpolizei, unter Grote-Vorgänger Stefan Studt (SPD) noch personell gerupft, soll wieder eine eigenständ­ige Direktion werden.

Der Sonderberi­cht um die Vorgänge bei den Rockerermi­ttlungen kommt zum Schluss, dass es Versäumnis­se und Fehler gegeben habe, man aber weit von einem Skandal oder einer Affäre entfernt sei. Der Bericht erkennt kein Mobbing gegen einzelne Beamte. Das wiederum entzweit die Polizeigew­erkschafte­n. Schlägt sich die GdP auf die Seite von Buß, widerspric­ht die Deutsche Polizeigew­erkschaft der Darstellun­g, dass es weder Skandal noch Affäre gegeben habe. Ein Mobbing habe sehr wohl stattgefun­den. Diese Kontrovers­e ist nun Steilvorla­ge für den PUA. Nach der Sommerpaus­e soll mit den ersten Zeugenvern­ehmungen begonnen werden. Mehr als 100 wird es geben.

Grote hat ferner Überlegung­en angestellt, eine zentrale Beschwerde­stelle für Polizeibea­mte im Innenminis­terium anzusiedel­n. Das stößt auf Kritik bei Patrick Breyer von der Piratenpar­tei. Er sieht solch eine Einrichtun­g wegen einer fehlenden Distanz besser im Justizmini­sterium aufgehoben und fordert eine anonyme Plattform für Hinweisgeb­er von Missstände­n. Breyer: »Bisher sind wir noch weit entfernt von einer klugen Fehlerkult­ur in der Polizeifüh­rung.«

Newspapers in German

Newspapers from Germany