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Die Hintertür bleibt zu

Robert Harting wird nach Platz drei bei den Meistersch­aften wohl für die EM nominiert, sein Bruder Christoph siegte in Nürnberg. Beide sprechen über ihr »Nichtverhä­ltnis«

- Von Andreas Schirmer und Ralf Jarkowski, Nürnberg

Am 8. August will Robert Harting zum letzten Mal um eine internatio­nale Medaille kämpfen. Der Diskuswurf-Olympiasie­ger ist für seine Heim-EM de facto qualifizie­rt. Robert Harting will sich nicht durch die Hintertür in sein Berliner Wohnzimmer schleichen. »Eine Lex Harting, einen Freifahrts­chein, möchte ich nicht, da habe ich keinen Bock drauf«, sagte der Diskuswurf-Olympiasie­ger am Sonntag zu seiner Hängeparti­e um die EM-Nominierun­g. Bei den deutschen Leichtathl­etikmeiste­rschaften in Nürnberg wurde der Berliner zwar nur Dritter. Aber Harting glaubt an sich: »Ich bin eigentlich besser, ich kann mehr!«

Dass der erfolgreic­hste deutsche Leichtathl­et des vergangene­n Jahrzehnts bei den Europameis­terschafte­n (6. bis 12. August) im Olympiasta­dion fehlt, ist nicht nur für Harting ein undenkbare­s Szenario. »Ein Unding«, sagt er selbst. »Das Bundestrai­nerteam wird Christoph Harting, Daniel Jasinski und Robert Harting für die EM-Nominierun­g vor- schlagen. Es ist ein unverbindl­icher Vorschlag«, sagte Idriss Gonschinsk­a, der Leitende Direktor Sport im Deutschen Leichtathl­etik-Verband.

An diesem Montag werden die Nominierun­gen mit dem Bundesauss­chuss Leistungss­port beraten, am Mittwoch gibt der DLV dann sein Rekordteam für die EM – mehr als 120 Sportler – bekannt. »Ich sehe meine Chancen bei 75 Prozent«, meinte Harting. Aber eigentlich ist der 33Jährige so gut wie durch: Der DLV wird den Superstar, den Lokalmatad­or, den Liebling der Fans nicht zu Hause lassen.

Der einzige Tweet, den Robert Harting am Samstagabe­nd nach dem Wettkampf noch absetzte, war eine eindeutige Botschaft: »Wir sehen uns in Berlin;))!!« In Nürnberg sei er nur in einer »Halbform« angetreten, »und das wäre beinahe nach hinten losgegange­n«. Denn mit seinen 63,92 Metern lag Harting im Quali-Krimi nur 20 Zentimeter vor dem Magdeburge­r Martin Wierig, der den Diskus im EMJahr sogar schon 66,98 Meter weit geschleude­rt hat.

»Ich möchte jetzt auch nicht in der Haut derjenigen stecken, die das entscheide­n müssen: Harting ist jetzt im Team«, sagte der Olympiasie­ger von 2012. Sein jüngerer Bruder Christoph, bereits für die EM nominiert, trumpfte mit 66,98 Metern auf und holte sich seinen zweiten Meistertit­el. Das zweite EM-Ticket geht an den zweitplatz­ierten Wattensche­ider Daniel Jasinski, der auf 64,82 Meter kam.

Am 8. August könnte es in Berlin zum nächsten Duell der ungleichen Brüder kommen – im EM-Finale der Diskuswerf­er. Das pikante Treffen der Olympiasie­ger am späten Samstagabe­nd im ZDF-Sportstudi­o fiel allerdings aus – weil Robert absagte. »Wir haben ein sehr angespannt­es Verhältnis, um zu sagen: gar kein Verhältnis. Einfach aus Respekt meiner Mama und meinen Eltern gegenüber – da will ich einfach nicht, dass jemand neben mir sitzt, und wir unterhalte­n uns nicht«, sagte Robert.

Auch für Christoph wäre ein verbales Bruderduel­l – live vor den Kameras – eine unangenehm­e Pflicht gewesen. »Da treffen natürlich Welten aufeinande­r. Und deswegen ist das menschlich manchmal schwierig«, sagte der Rio-Olympiasie­ger dann im ZDF-Sportstudi­o. Zu Robert habe er eher »kein Verhältnis als ein schwierige­s Verhältnis«.

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Foto: dpa/Sven Hoppe Robert Harting war in Nürnberg nur in »Halbform«.

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