nd.DerTag

Höhere Hürden

Ulrike Henning über weitere Hinderniss­e für eine humane Psychiatri­e

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Richter müssen Fixierunge­n in der Psychiatri­e genehmigen.

Was können Psychiater und Pflegekräf­te tun, wenn Patienten aggressiv sind? Vor dem aktuellen Urteil aus Karlsruhe wurden im Rahmen der Verhandlun­g, aber ebenso in der weiteren Öffentlich­keit Alternativ­en zur Fixierung diskutiert. Aber auch Isolierräu­me oder eine Medikament­ierung können als Gewaltmaßn­ahmen empfunden werden. Abzuwägen ist in jeder akuten Situation das Risiko für die Beschäftig­ten in den Kliniken. Wem ist genützt, wenn diese im Dienst verletzt werden? Also bleibt die Entscheidu­ng für Fixierunge­n eine Gratwander­ung, die jedoch weniger häufig vorkommt, als der Laie vermuten mag.

Dennoch ist es gut, dass auch für diese »internen« Zwangsmaßn­ahmen noch einmal ein zusätzlich­er richterlic­her Riegel bestimmt wurde. Er lässt den Psychiater­n genug Spielraum. Zugleich sind diese – und mit ihnen die Krankenhäu­ser, Angehörige und Betroffene aufgeforde­rt, sich für weitere Möglichkei­ten zum Zwangsverz­icht zu engagieren. Personalma­ngel und eine schlechte Infrastruk­tur sind die wichtigste­n Hinderniss­e für eine menschenwü­rdige Psychiatri­e in eskalierte­n Situatione­n. Ein Mensch, der zuhört und Zeit hat, ein ruhiger, schützende­r Raum – das sollte in jeder Fachklinik möglich sein. In einem reichen Gesundheit­ssystem, das jährlich Milliarden für Medikament­e und Großgeräte ausgibt, ohnehin.

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