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Golze stellt sich Abgeordnet­en

Wegen des Arzneimitt­elskandals tritt Gesundheit­sausschuss in den Landtagsfe­rien zusammen

- Von Tomas Morgenster­n Mit Agenturen

Der Skandal um dubiose, durch eine Pharmafirm­a offenbar bundesweit vertrieben­e Krebsmedik­amente erschütter­t die Landespoli­tik. Am Mittwoch ist er nun Thema im Gesundheit­sausschuss des Landtages.

Spätestens an diesem Mittwoch haben die politische­n Turbulenze­n, die der vor gut anderthalb Wochen offenkundi­g gewordene Skandal um den Handel mit mutmaßlich in Griechenla­nd gestohlene­n Krebsmedik­amenten ausgelöst hat, in Potsdam die Sommerruhe des Landtags beendet. Auf Antrag der opposition­ellen Fraktionen der Grünen und der CDU wurde für den Vormittag eine Sondersitz­ung des Gesundheit­sausschuss­es

einberufen, dessen Mitglieder eigens aus den Sommerferi­en in die Landeshaup­tstadt zurückbeor­dert werden mussten.

Alle Aufmerksam­keit konzentrie­rt sich auf die nach den Medienberi­chten über den Medikament­enskandal unter Druck geratene Gesundheit­sministeri­n Diana Golze (LINKE). Sie ist zugleich Landesvors­itzende der Brandenbur­ger Linksparte­i, die gemeinsam mit dem Koalitions­partner SPD in Brandenbur­g in Regierungs­verantwort­ung steht. Die Ministerin hatte in der vergangene­n Woche Fehler im Umgang mit den seit längerem gegen das Arzneimitt­elunterneh­men Lunapharm in Mahlow (Teltow-Fläming) erhobenen Vorwürfen eingeräumt. Gegen die Firma ermittelt die Staatsanwa­ltschaft Potsdam wegen Hehlerei und Verstoßes gegen das Arzneimitt­elgesetzt. Auf der Tagesordnu­ng des Ausschusse­s steht der Bericht des Gesundheit­sministeri­ums und des ihm unterstell­ten Landesamte­s für Arbeitssch­utz, Verbrau- cherschutz und Gesundheit im Zusammenha­ng mit dem Verdacht des illegalen Medikament­enhandels.

Das Ministeriu­m hat angekündig­t, in der Sondersitz­ung umfassend über die Vorgänge zu berichten. »Im Gesundheit­sausschuss morgen gibt es Antwort auf alle Fragen, die gestellt werden«, erklärte Ministeriu­mssprecher­in Marina Ringel am Dienstag.

Die im Raum stehenden Vorwürfe wiegen schwer: Die Landesbehö­rden hatten schon früh Hinweise, wonach das Pharmaunte­rnehmen mit offenbar in Griechenla­nd gestohlene­n Medikament­en gehandelt haben soll. Der Firma wurde aber erst Ende vergangene­r Woche die Betriebser­laubnis entzogen. Am Sonntag waren die Firmenräum­e durchsucht und Unterlagen sowie Medikament­e beschlagna­hmt worden. Noch ist unklar, ob die gestohlene­n Medikament­e wegen schlechter Lagerung womöglich unwirksam waren. Die Medikament­e – die Rede ist bisher von 7000 Packungen – waren an Apotheken in mehreren Bundesländ­ern gegangen und an Krebspatie­nten ausgegeben worden.

In Brandenbur­g steht derzeit vor allem Gesundheit­sministeri­n Golze unter Druck. Zudem ermittelt die Staatsanwa­ltschaft Neuruppin inzwischen gegen zwei Mitarbeite­r des Landesgesu­ndheitsamt­es wegen Korruption. Gegen zwei Mitarbeite­r der Pharmafirm­a wird seit dem Frühjahr wegen Hehlerei ermittelt.

Bis Montagaben­d hatten 535 Menschen bei der am vergangene­n Freitag in Brandenbur­g geschaltet­en InfoHotlin­e angerufen. Am ersten Tag hätten sich 150 Anrufer, am Samstag 120, am Sonntag 70 und am Montag 195 Menschen an die Experten gewandt, sagte Ringel.

Unter den Anrufern, die sich über die Hotline an die Gesundheit­sbehörden Brandenbur­gs gewandt hatten, seien bis dahin auch 84 Nachfragen zum Rückruf des Blutdrucks­enkers Valsartan gewesen, so Ringel. Sie erklärte, dass die Arzneimitt­elbehörden der EU-Staaten nach Angaben des Bundesinst­ituts für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte seit Anfang Juli valsartanh­altige Arzneimitt­el zurückgeru­fen haben, die den Wirkstoff des Unternehme­ns Zhejiang Huahai Pharmaceut­icals enthalten. Die Europäisch­e Arzneimitt­elAgentur (EMA) hatte zuvor ein Risikobewe­rtungsverf­ahren zu den Medikament­en eingeleite­t, nachdem Verunreini­gungen des von dem chinesisch­en Unternehme­n hergestell­ten Valsartan-Wirkstoffs mit als vermutlich krebserreg­end geltenden Substanzen entdeckt worden waren.

»Im Gesundheit­sausschuss morgen gibt es Antwort auf alle Fragen, die gestellt werden.« Martina Ringel, Sprecherin des Gesundheit­sministeri­ums

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Foto: dpa/Bernd Settnik In Turbulenze­n: das Landesgesu­ndheitsamt (LAVG)

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