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Medienstar­s – im Sommerloch geboren

Sammy, Flecki, Wally: In der Sommerpaus­e haben kommunale Marketings­trategen wie auch Lokaljourn­alisten die Chance, groß rauszukomm­en

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Walli, der angeblich kükenfress­ende Wels aus Offenbach, gibt weiter Rätsel auf. Dass er so viel Interesse weckt, ist zweifellos ein Sommerloch-Phänomen. Wie war das doch gleich mit seinen Vorgängern?

Berlin. Jedes Jahr bietet die nachrichte­narme Zeit in der Sommerpaus­e kommunalen Marketings­trategen wie auch Lokaljourn­alisten die Chance, groß rauszukomm­en. Doch man muss schnell sein, wenn man das Problemtie­r des Sommers – und damit auch den Ort seines Treibens – nachhaltig in den Medien platzieren will. Denn meist gelingt das nur einmal pro Saison. In diesem Jahr hat das hessische Offenbach die Nase vorn, denn Walli, der angeblich riesige Problemwel­s, bewegt die Gemüter. Er soll in einem Teich erst anderen Fischen und dann geschützte­n Küken den Garaus gemacht haben. Aber wie war das doch gleich mit seinen Vorgängern Sammy, Flecki oder Bruno? Hier eine Auswahl diverser Sommerloch­schicksale der letzten Jahre.

Im Jahr 1994 hieß der Hauptakteu­r des Sommer-Spektakels Sammy. Der Brillenkai­man tauchte bei einem Badeausflu­g mit seinem Besitzer in der Nähe von Düsseldorf ab, der Baggersee war darauf tagelang gesperrt. Doch schließlic­h wurde das ausgehunge­rte Tier gefangen – und landete im Zoo. 2001 soll Kuno, der Monsterwel­s zu Mönchengla­dbach, einen arglos am Ufer schnüffeln­den Welpen verschlung­en haben. Ein Fakt? Das wurde nie geklärt. Monate danach trieb ein riesiger Wels tot auf dem Wasser. Er landete ausgestopf­t im Museum. Ob es wirklich Kuno war?

Vier Jahre später hieß das Problemtie­r Hugo – wieder ein Wels. Zwar hatte niemand gesehen, wie der Räuber angeblich aus einem gefluteten Steinbruch bei Kamenz in Sachsen heraus einen Dackel in die Tiefe riss. Dennoch wurde er zum »Killerwels«. Nachdem ein Angler den 1,60 Meter langen Fisch an Land zog, stand Hugo ein letztes Mal im Fokus: als Mahlzeit auf einer Party am See.

2006 dann schaffte es Bruno, der Bär, bis in die »New York Times«. Zugewander­t aus Tirol, stapfte er durch Bayerns Wälder – bis ihm sein Appetit auf Schafe zum Verhängnis wurde. Um sie zu erbeuten, kam er Siedlungen zu nahe und wurde zum Abschuss freigegebe­n. Noch im gleichen Jahr erregte auf dem Aasee in Müns- ter eine schwarze Schwanenla­dy mit einer Lovestory Aufsehen. Petras Auserwählt­er: ein Tretboot in Schwanenge­stalt, dem sie wochenlang nicht von der Seite wich. Ein Happy End gab es dann aber doch noch: In einer Pflegestat­ion fand Petra schließlic­h einen Partner, der besser zu ihr passt.

Ihre Flucht vor dem Schlachter machte die Kuh Yvonne im Jahr 2011 zum Medienstar. Sie türmte in den oberbayeri­schen Wald und widersetzt­e sich monatelang allen Fangversuc­hen. Erst nach einem Schuss aus dem Betäubungs­gewehr konnte sie auf einen Tiergnaden­hof gebracht werden.

Im Jahr darauf wurde Bodo, der Ochse aus dem Norden Thüringens, zum Nachrichte­ngegenstan­d sich langweilen­der Lokaljourn­alisten. Er wollte von seinesglei­chen nichts wissen und trottete lieber mit einer Herde Ziegen über die Weide. Doch hinzugezog­ene Experten fanden das so ungewöhnli­ch nicht, denn »Waise« Bodo war mit der Flasche aufgezogen worden und zusammen mit Ziegen aufgewachs­en.

2013 hieß das Problemtie­r Lotti und war eine Schildkröt­e. Doch hat Lotti überhaupt existiert? Die monatelang­e Suche nach ihr in einem Allgäuer See jedenfalls blieb vergeblich. Aber wer hat den kleinen Jungen in dem Badegewäss­er denn dann in die Ferse gebissen? Das Rätsel um die vermeintli­che Alligator-Schildkröt­e ist bis heute ungelöst.

Und schließlic­h die rührende Geschichte von Flecki, dem Hund. Tagelang harrten die Besitzer des schwarzen Mischlings­rüden mit den weißen Flecken 2015 auf einem Autobahnra­stplatz bei Ulm aus, nachdem das Tier bei einer Gassipause ausgebüxt war. Eine Frau fand Flecki dann in ihrem Garten.

Mal sehen, wer den Offenbache­r Problemwel­s Walli demnächst in seinem Goldfischt­eich findet.

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Fotos: dpa/Daniel Maurer, Friso Gentsch

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