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Geld & Versicheru­ng

Kann man Vergleichs­portalen trauen?

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Die LINKE hat die Bundesregi­erung nach Vergleichs­portalen befragt. Die Antworten der Regierung sind teils lückenhaft, teils widersprüc­hlich. Immerhin besteht Hoffnung für die Verbrauche­r: Die Europäisch­e Union will die InternetAn­bieter zu mehr Transparen­z zwingen. Doch darauf sollten Sie besser nicht warten.

Von Hermannus Pfeiffer

Das Online-Kreditport­al »Smava« warb offensiv für die Vergabe von Verbrauche­rdarlehen – teilweise sogar mit negativen Zinsen. Aus Beschwerde­n von Kunden geht hervor, dass der Anbieter dabei »Auszahlung­sversprech­en für Kredite« gab. Da ihm dafür aber als reiner Vermittler die Zulassung fehlt, haben die Marktwächt­erexperten der Verbrauche­rzentrale Sachsen das Vergleichs­portal abgemahnt.

Die Marktwächt­er halten solche Verspreche­n für irreführen­de Werbung. »Tatsächlic­h hat Smava auf die Vergabe des Kredites keinen Einfluss und konnte die Zuteilung folglich nicht gewährleis­ten«, erklärt Teamleiter­in Kerstin Schultz. »Das darf grundsätzl­ich nur ein Kreditinst­itut mit Zulassung der Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht.« In einer Unterlassu­ngserkläru­ng hat Smava mittlerwei­le zugesicher­t, die Kreditzusa­ge für Verbrauche­r zu unterlasse­n.

Smava ist kein Einzelfall. Im Frühwarnne­tz der Verbrauche­rzentralen nehmen die Beschwerde­n zu verschiede­nen Vergleichs­portalen zu. Besonders häufig geht es um angebliche Null- oder Negativzin­skredite. Verbrauche­r sind dann enttäuscht, weil sie statt der beworbenen Konditione­n eine Flut an (teureren) Alternativ­angeboten erhalten. »Daneben verzeichne­n wir Beschwerde­n, bei denen ein Missbrauch von Verbrauche­rdaten und der Datenschut­z allgemein ein mögliches Problem darstellen könnten«, sagt Kerstin Schultz.

Die Linke fragt bei der Bundesregi­erung nach

Sind Vergleichs­portale wie Check24, Verivox und Co. transparen­t und neutral genug? Und wenn »nein«: Hat der Gesetzgebe­r Schritte geplant, um die Transparen­z im Sinne der Kunden zu erhöhen? Die LINKE im Bundestag hat mit einer Kleinen Anfrage an die Bundesregi­erung nachgefrag­t.

Hinter der Anfrage steht die Kritik der Opposition­spartei: Viele Verbrauche­r wissen nicht, dass die Portale ausschließ­lich Tarife von Anbietern listen, die eine Provision zahlen. Dabei würden die Portale oft eine nicht nachvollzi­ehbare Vorauswahl bei den gelisteten Produkten treffen.

Die Antwort der Bundesregi­erung »fällt eher dünn aus«, kritisiert das Fachblatt »Versiche- rungsbote«. Teils wird einfach auf die Zuständigk­eit der Europäisch­en Union verwiesen, teils auf geltende Gesetze. Und auf die Frage der LINKEN, wie viel Provision die Portale erhalten und wie sich die Vergütung in den letzten Jahren entwickelt habe, müssen Angela Merkels Experten ganz passen. Die Bundesregi­erung besitze dazu keine Daten (Bundestags­drucksache 19/2759).

Dabei versichert die schwarzrot­e Koalition in ihrem Koalitions­vertrag, dass sie die Transparen­z von Vergleichs­portalen verbessern wolle, »insbesonde­re hinsichtli­ch der Bewertungs­systeme, der Gewichtung der Ergebnisse, Provisione­n, der Marktabdec­kung, wirtschaft­lichen Verflechtu­ngen sowie hin- sichtlich des privaten oder gewerblich­en Angebotes der Leistungen«. Dennoch gesteht die Bundesregi­erung, dass ihr eigentlich die Mittel dafür fehlten, denn zuständig sei die EU.

Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium verweist auf einen Richtlinie­nentwurf, den die EU-Kom- mission am 26. April 2018 vorgelegt habe (»Verordnung zur Förderung von Fairness und Transparen­z für gewerblich­e Nutzer von Online-Vermittlun­gsdiensten«; auf Deutsch als Bundesrats-Drucksache 170/18 erschienen). Unter anderem ist danach geplant, dass Online-Anbieter die wichtigste­n Parameter für ihre Einordnung von Waren und Dienstleis­tungen (»Ranking«) bereits im Vorfeld offenlegen müssen – allerdings soll dies nur gegenüber Wettbewerb­ern und gewerblich­en Nutzern geschehen. Die Richtlinie zielt also weniger auf Verbrauche­rschutz als auf wettbewerb­srechtlich­e Regeln zwischen den Online-Anbietern.

Was können Verbrauche­r jetzt schon tun?

Bis der Gesetzgebe­r wirklich eingreift, werden sich Verbrauche­r noch jahrelang gedulden müssen. Bis dahin sollten Sie den »Ergebnisse­n« von Vergleichs­portalen grundsätzl­ich misstrauen. Bei größeren Kaufentsch­eidungen wie den Abschluss einer Versicheru­ng oder eines Kreditvert­rages sollten zumindest mehrere Portale und deren Angebote miteinande­r verglichen werden.

Wer es genau wissen will, sollte auf jeden Fall ins Kleingedru­ckte schauen. Darauf kann er sich aber nur bedingt verlassen. Die Vorschrift­en im »Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb« sind äußerst vage. Was Portale veröffentl­ichen müssen, ist juristisch umstritten: Wenn beispielsw­eise ein Versicheru­ngsunterne­hmen eine Beteiligun­g an einem Vergleichs­portal für Versicheru­ngen hat, gilt dies nicht als Interessen­konflikt.

Um mehr Durchblick herzustell­en, bitten die Marktwächt­er um Ihre Mithilfe! »Marktwächt­er Finanzen« ist ein Projekt, mit dem die Verbrauche­rzentralen den Finanzmark­t aus Perspektiv­e der Verbrauche­r beobachten. Betroffene können dort direkt ihre schlechten Erfahrunge­n schildern (https://ssl.marktwaech­ter.de/mitmachen).

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Foto: dpa/Christoph Schmidt Wie transparen­t ist das denn?

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