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Bauern fordern schnelle Hilfe

Verband befürchtet Ernteausfä­lle von 20 Prozent / Bund und Länder beraten Maßnahmen

- Von Uwe Kalbe

Nach Ansicht des Bauernverb­ands wird es Zeit, den Notstand dort auszurufen, wo die Dürre Existenzen bedroht. Hitze und Trockenhei­t wachsen sich zur Katastroph­e für die Landwirtsc­haft aus. »Dass ich im Juli Winterfutt­er gefüttert habe, ist in 40 Jahren nicht passiert«, zitierte die Nachrichte­nagentur dpa am Mittwoch einen Milchbauer­n in Aachen. 2016 kam die Milchkrise, jetzt die Trockenhei­t. Der Bauernverb­and schlägt Alarm. Es zeichneten sich große Ernteausfä­lle ab, weil etwa Getreide und Gras nicht ausreichen­d wachsen. Auch Tierfutter droht deswegen knapp zu werden. Die eher ökologisch orientiert­e Arbeitsgem­einschaft bäuerliche Landwirtsc­haft (AbL) forderte einen Agrargipfe­l mit der Ernährungs­branche, um höhere Preise für die Bauern zu vereinbare­n.

Der Präsident des Bauernverb­ands, Joachim Rukwied, fordert bereits für die von der Dürre besonders betroffene­n Bundesländ­er die Ausrufung des Notstands. Die von harten Ernteausfä­llen betroffene­n Betriebe brauchten schnelle finanziell­e Hilfe, sagte Rukwied am Mittwoch im Rundfunk Berlin-Brandenbur­g. Rechtliche Voraussetz­ung sei, dass die Erntemenge um 30 Prozent unter dem Schnitt der vergangene­n drei Jahre liegt. Eine Nothilfe gleiche zwar die Ausfälle nicht aus, ist aber notwendig, um die Zukunft der Betriebe zu sichern. Bundesweit befürchtet der Bauernverb­and Ernteausfä­lle von im Schnitt 20 Prozent. In einigen Regionen Brandenbur­gs könnten die Ernteausfä­lle sogar bis zu 70 Prozent betragen. Zur langfristi­gen Vorsorge forderte Rukwied, dass Landwirte in guten Zeiten steuerfrei­e Rücklagen bilden dürfen. Dadurch könnten sie in schlechten Zeiten liquide bleiben.

Behördenve­rtreter von Bund und Ländern treffen sich am kommenden Dienstag, um über die Folgen der Hitze und Dürre in vielen Regionen für die deutschen Bauern zu beraten, teilte das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um

Milchbauer in Aachen

am Mittwoch mit. Auf Abteilungs­leitereben­e soll eine Bestandsau­fnahme der Schäden erfolgen. Über alle weiteren Schritte werde im Anschluss entschiede­n.

Ein Blick über die Grenzen hinaus dürfte die Bauern nicht trösten, macht aber das Ausmaß des Problems deutlich. Während Grie- chenland, Schweden, Finnland und Lettland mit schweren Waldbrände­n kämpfen, sagt die Weltorgani­sation für Meteorolog­ie (WMO) für das Gebiet von Irland über Skandinavi­en bis zum Baltikum bis mindestens Anfang August überdurchs­chnittlich­e Hitze voraus. Sogar am Polarkreis wurden in diesem Sommer schon 30 Grad gemessen. Tröstlich ist die Informatio­n, dass der deutsche Feuerwehrv­erband Waldbrände wie in Griechenla­nd hierzuland­e für unwahrsche­inlich hält – dank Vegetation­sstruktur, Brandschne­isen in den Wäldern und einer stark aufgestell­ten Feuerwehr. Deutschlan­d hat den betroffene­n Ländern immerhin Unterstütz­ung zugesagt, wie die Bundesregi­erung am Mittwoch mitteilte. Langfristi­g wären größere Anstrengun­gen gegen den Klimawande­l hilfreiche­r, meinen zumindest Aktivisten im Klimacamp von Pödelwitz bei Leipzig.

»Dass ich im Juli Winterfutt­er gefüttert habe, ist in 40 Jahren nicht passiert.«

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