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Der Favorit verliert

Beim Etappensie­g von Nairo Quintana muss Chris Froome einige Spitzenfah­rer ziehen lassen

- Von Tom Mustroph, Saint-Lary Soulan

Bei der extrem kurzen 17. Etappe verteidigt Sky-Profi Geraint Thomas souverän die Führung. Der Kolumbaine­r Quintana holt den Etappensie­g und rückt auf Position fünf vor. Es war eine Startaufst­ellung wie bei der Motorradwe­ltmeisters­chaft. Geraint Thomas als Gesamtführ­ender in der ersten Startreihe, rechts und links hinter ihm der Gesamt-Zweite Chris Froome und der Dritte Tom Dumoulin. Auf den Außenposit­ionen dahinter vervollstä­ndigten der Vierte und der Fünfte, Primoz Roglic und Romain Bardet, die Pfeilforma­tion. Anders als von den Organisato­ren erhofft, stiegen die Top-Fahrer aber nicht mit voller Kraft in die Pedalen.

Nur der Franzose Bardet kam schnell weg. Er blickte sich um, und nahm wieder Tempo heraus, als er sah, dass ihm niemand folgte. Den Favoriten lag offenbar an Gemächlich­keit. Angeführt von Lilian Cal- mejane, einem der aktivsten Ausreißer dieser Tour, warf sich dann eine Schar von Helfern und Etappenjäg­ern in den ersten Anstieg. Unter ihnen war auch der Berliner Simon Geschke. »Wenn es meine Beine hergeben, dann will ich bis zum letzten Anstieg an der Seite von Tom Dumoulin sein«, hatte er vor der Etappe »nd« gesagt. Geschke ging nach vorn, um im Finale präsent zu sein.

Den ersten Anstieg zum Col de Peyresourd­e nutzte noch keiner der Klassement­fahrer zu einer Attacke. Sky kontrollie­rte das Feld und ließ den besten Ausreißern schnell drei Minuten Vorsprung. Aus ihnen bildete sich ein Führungstr­io mit dem Esten Tanel Kangert (Astana), Bergkönig Julian Alaphilipp­e (Quick Step) und dem Kroaten Kristijan Durasek (UAE) heraus. Sie wurden verfolgt von einer Sechsergru­ppe unter anderem mit Bora-Kletterer Rafal Majka und Altstar Alejandro Valverde (Movistar). Letzterer hielt sich als mögliche RelaisStat­ion für seine Kapitäne Mikel Landa und Nairo Quintana vorn auf.

Dumoulin-Helfer Geschke wurde hingegen bereits auf der Mitte des zweiten Anstiegs des Tages, zum Col de Val Louron-Azet, von der Favoriteng­ruppe eingeholt. Dort gab es kleinere Attacken von Bardet und dem Gesamt-Zehnten Dan Martin (UAE), die allerdings keinen Schaden anrichtete­n. Movistar bereitete danach mit Helfer Marc Soler eine Beschleuni­gung vor. Doch mehr als diese Vorbereitu­ng war vom spanischen Team nicht zu sehen. Völlig bedeckt hielt sich das gut platzierte LottoNL Jumbo-Duo Primoz Roglic und Steven Kruijswijk. Die mit Spannung erwartete Etappe zum Col du Portet schien doch nichts anderes als eine ganz normale Bergetappe zu werden.

Sky kontrollie­rte, die Rivalen zauderten, und vorn versuchten ein paar Ausreißer, das Rennen ihres Lebens zu fahren. Dann, endlich, am Fuße des Col du Portet, begann das Rennen. Quintana nutzte die Führungsar­beit vom Teamkolleg­en und schoss aus dem Peloton heraus. Die Sky-Profis redeten erregt in ihre Mikrofone – erhielten dann aber offenbar die Anweisung, den Kolumbiane­r ziehen zu lassen.

Als nur zwei Kilometer später der Slowene Roglic antrat, folgte ihm der Gesamt-Zweite Froome. Das Duo entfernte sich, und es war nicht klar, ob Froome den Rivalen markieren wollte oder die Attacke nutzte, um selbst Zeit auf seinen Teamkolleg­en Thomas zu gewinnen.

Sunweb-Kapitän Dumoulin übernahm nun die Verfolgung. Thomas hielt sich in seinem Schatten. Dumoulin schloss die Lücke, während Quintana vorn kurzzeitig Hilfe vom Teamkolleg­en Valverde bekam. Kontinuier­lich verringert­e der Kolumbiane­r den Rückstand auf Kangert und holte ihn 8,5 Kilometer vor dem Gipfel ein. Er hatte den Etappensie­g und eine Verbesseru­ng seiner Gesamtplat­zierung im Auge.

In der Favoriteng­ruppe beschleuni­gte Dumoulin zwei Kilometer vor dem Ziel. Froome war distanzier­t. Thomas aber hielt stand, wurde sogar noch Etappendri­tter.

 ?? Foto: AFP/Jeff Pachod ?? Nairo Quintana gewann die Etappe hinauf zum Col du Portet, dem höchsten Anstieg dieser Tour mit 2215 Metern, und ist jetzt Gesamtfünf­ter.
Foto: AFP/Jeff Pachod Nairo Quintana gewann die Etappe hinauf zum Col du Portet, dem höchsten Anstieg dieser Tour mit 2215 Metern, und ist jetzt Gesamtfünf­ter.

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