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Spaniens Rechte will keine Afrikaner

Volksparte­i PP kritisiert sozialdemo­kratische Regierung wegen der steigenden Zuwanderun­gszahlen

- Von Heinz Krieger, Algeciras Mit Agenturen

Während die Gesamtzahl von nach Europa kommenden Flüchtling­en drastisch gesunken ist, nimmt die Zahl derjenigen, die in Spanien anlegen, zu.

»Ein freundlich­es Schulterkl­opfen reicht nicht aus.« Verbittert kritisiert­e der Sprecher des Berufsverb­andes der Polizeitru­ppe Guardia Civil, Raúl Lobato, den Besuch des neuen Innenminis­ters Fernando Grande-Marlaska in Aufnahmeze­ntren für Flüchtling­e aus Nordafrika vom vergangene­n Wochenende. Der Minister hatte bestritten, dass man von einem »Kollaps« der Aufnahmemö­glichkeite­n sprechen könne und »eine europäisch­e Lösung« gefordert sowie die Arbeit der Beamten von Guardia Civil und Nationalpo­lizei gelobt. Die Polizeigew­erkschaft SUP kommentier­te: »Wenn das kein Kollaps ist, dann ist eben die Ausnahmesi­tuation kollabiert.« Die Beamten arbeiteten vier Mal so viel wie sonst, seit die Flüchtling­sboote aus Nordafrika immer mehr würden.

Laut der Internatio­nalen Organisati­on für Migration (IOM) ist Spanien das neue Hauptziel afrikanisc­her Migranten. Jedoch hat die Gesamtzahl von Flüchtling­en, die über das Meer nach Europa kommen, stark abgenommen. Der IOM zufolge reisten seit Jahresbegi­nn 55 000 Menschen auf dem Seeweg nach Europa ein, halb so viele wie im Vorjahresz­eitraum. Von ihnen wurden rund 21 000 in Spanien registrier­t, 18 130 in Italien, 15 530 in Griechenla­nd.

Der Umgang Spaniens mit der neuen Situation ist zum Gegenstand der politische­n Debatte geworden. Der Chef der opposition­ellen konservati­ven Volksparte­i PP, Pablo Casado, erklärte am Wochenende in Ávila: »Es ist nicht möglich, dass Spanien Millionen von Afrikanern aufnimmt, die nach Europa kommen wollen.« Regie- rungschef Pedro Sánchez hat derweil die EU-Kommission um Hilfe gebeten. Und er hat auf die steigenden Zuwanderun­gszahlen reagiert und vor zwei Wochen eine Arbeitsgru­ppe einrichten lassen, die die Zusammenar­beit sämtlicher Ministerie­n und Regionen sicherstel­len soll.

Pablo Casado, Chef der PP

Die Regierung streitet ab, dass die Aufnahme des Flüchtling­sschiffes »Aquarius« und die Ankündigun­g, dass jedem Zuwanderer die spanische Gesundheit­sversorgun­g zugänglich sei, sogenannte Rufeffekte ausgelöst hätten. Sie verweist darauf, dass die Flücht- lingszahle­n in Spanien schon seit 2013 steigen.

Der Vordenker des EU-TürkeiDeal­s, Gerald Knaus, mischte sich in die Debatte ein und schlug die Einrichtun­g eines Aufnahmeze­ntrums in Spanien vor. Gegenüber der Zeitung »Die Welt« (Montag) sagte der Chef der Europäisch­en Stabilität­sinitiativ­e, dort sollten Asylentsch­eidungen innerhalb weniger Wochen gefällt werden. Anerkannte Flüchtling­e würden auf Deutschlan­d, Frankreich, Spanien und die Niederland­e verteilt. »Wer abgelehnt wird, müsste sofort in die Herkunftsl­änder zurück«, so Knaus. Dafür brauche es Abkommen mit den wichtigste­n Herkunftsl­ändern. Die EU-Kommission wollte sich nicht zu dem Vorschlag äußern. Eine Sprecherin verwies darauf, dass seit dem EUGipfel im Juni an einem Konzept zur Einrichtun­g zentraler »kontrollie­rter Zentren« für über das Mittelmeer kommende Menschen gearbeitet werde.

»Es ist nicht möglich, dass Spanien Millionen von Afrikanern aufnimmt.«

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