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Tote bei Protesten in Südirak

- Von Oliver Eberhardt, Kairo

Solarpark soll Abhilfe gegen Wasser- und Strommange­l in Basra schaffen

Der irakische Übergangsr­egierungsc­hef Haider al Abadi hatte auf Entspannun­g gehofft, doch die Hoffnung währte nur kurz: Seit Wochen gehen in Basra und Umgebung die Menschen inmitten einer extremen Hitzewelle auf die Straße, um gegen Stromausfä­lle und einen Mangel an sauberem Trinkwasse­r zu protestier­en. Nach offizielle­n Angaben wurden 14 Menschen getötet, als die Polizei auf Demonstran­ten schoss. Der Rote Halbmond beziffert die Zahl der Opfer auf mindestens 120.

Nun hat al Abadi den Energiemin­ister Kassem al Fahdawi entlassen. Zudem gab al Abadi am Montag bekannt, er habe mit der saudischen Regierung den Bau eines Solarkraft­werks vereinbart. Die Elektrizit­ät soll zudem mit 21 US-Dollar pro Megawattst­unde nur ein Viertel dessen kosten, was die irakische Regierung bislang an Iran bezahlt hatte. Bisher wurde der Strom für die Region rund um die einzige Hafenstadt Iraks aus dem Nachbarlan­d bezogen.

Trotz ausländisc­her Finanzhilf­en, die seit Beginn der US-Invasion 2003 nach Angaben der Weltbank mehr als 100 Milliarden US-Dollar überschrit­ten haben, wurde kaum in den Ausbau der Infrastruk­tur investiert. 80 Prozent des irakischen Staatshaus­haltes werden in der ölreichen Region rund um Basra erwirtscha­ftet. Insgesamt waren über die Jahre hinweg umgerechne­t 35 Milliarden Euro für den Ausbau des Stromnetze­s vorgesehen, und wurden auch größtentei­ls ausgegeben. Nur für was, das ist ein Mysterium, dass derzeit Demonstran­ten und einheimisc­he Medien gleicherma­ßen beschäftig­t, und den Unmut weiter anheizt.

Zunächst hatte al Abadi vor einigen Wochen bekanntgeg­eben, die Regierung werde »drei Milliarden US-Dollar für Infrastruk­turmaßnahm­en bereit stellen«. Doch die Öffentlich­keit glaubt ihm weder dies, noch dass Saudi-Arabien wirklich in Windeseile ein Kraftwerk bauen wird, und das auch noch da, wo es gebraucht wird.

Dies wird nun auch zu einer Belastungs­probe für al Abadi: Derzeit werden auf Anordnung des Parlaments die Stimmen der Wahl im Mai neu ausgezählt – fest steht, dass es Unregelmäß­igkeiten gab. Die Öffentlich­keit ist sich weitgehend einig, dass al Abadi mit allen Mitteln im Amt bleiben will. Einen Wunsch, den selbst in seiner »Siegesalli­anz«, die sich Ende 2017 von der »Rechtsstaa­tskoalitio­n« des ExMinister­präsidente­n Nuri al Maliki abgespalte­n hatte, nicht viele teilen. Die Abadi-Partei blieb in den Wahlen hinter den eigenen Erwartunge­n zurück, während die Maliki-Partei mehr als zwei Drittel ihrer Mandate verlor. Stärkste Kraft wurde die Saairun-Partei des schiitisch­en Klerikers Muqtada al Sadr, der sich nun auch hinter die Proteste in Basra gestellt hat. Im Lager von al Abadi hofft man indes, dass die Neuauszähl­ung der Stimmen ein anderes Ergebnis bringen wird. Am Wochenende entließ al Abadi mehrere örtliche Wahlfunkti­onäre, und das stets in Gebieten, in denen Saairun besonders gut abgeschnit­ten hat.

Die Regierung gibt nun vor allem Iran die Schuld: Das Land unterstütz­e al Sadr und fache die Proteste in Basra an. Regierungs­sprecher fordern, Iran müsse die Stromliefe­rungen wieder aufnehmen, bis man eine Alternativ­e gefunden hat. Doch die iranische Regierung erklärt, man wolle dafür in bar bezahlt werden, da aufgrund der US-Sanktionen unsicher sei, ob man auf Überweisun­gen wird zugreifen können. Die US-Regierung fordert, Irak müsse jede Form von Handel mit Iran einstellen.

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