nd.DerTag

Raus aus Afrin!

Nelli Tügel über den jüngsten Bericht von Amnesty Internatio­nal

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Sie plündern und foltern, entführen Zivilisten, besetzen Schulen. Die Rede ist von islamistis­chen Milizen, die unter Führung und Aufsicht der türkischen Armee im März dieses Jahres nach mehrwöchig­em Angriffskr­ieg das nordsyrisc­he Afrin besetzt, die linken, vor allem kurdischen Milizen YPG und YPJ vertrieben und die Selbstverw­altungsstr­ukturen zerschlage­n haben. Mehr als Hunderttau­send Menschen sind geflohen; wer zurückkehr­t, findet nicht selten seine Wohnung oder sein Ladengesch­äft beschlagna­hmt.

All dies ist hinlänglic­h bekannt durch zahlreiche Berichte von Betroffene­n. Nun hat die Menschenre­chtsorgani­sation Amnesty Internatio­nal die Vorwürfe gegen das NATO-Mitglied Türkei bestätigt. Und wie es manchmal so ist, erhält durch die Bekanntmac­hung einer westlichen NGO eine bis dahin nicht dagewesene Aufmerksam­keit, was viele zuvor schon beklagten. Und nun? Dass deutsche Leopardpan­zer dabei waren, als die Besatzer in Afrin einmarschi­erten, und dass gerade erst – weitere – Milliarden im Rahmen des EU-Türkei-Deals an Ankara überwiesen wurden, verweist auf die Mitverantw­ortung der deutschen Regierung und Europas an den von AI dokumentie­rten Verbrechen in Afrin. Aber es reicht nicht, dies immer wieder zu skandalisi­eren, oder – wie AI es tut – von der Türkei zu fordern, als Besatzer »verantwort­ungsvoll« zu handeln. Die türkische Regierung hat oft genug bewiesen, dass solcherlei Appelle ihr völlig egal sind. Der Bericht von AI lässt nur einen Schluss zu: Die türkische Armee und ihre Verbündete­n müssen raus aus Afrin.

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