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Zahl der Bafög-Empfänger erneut gesunken

Weil Elternfrei­beträge zu statisch sind, erhalten immer weniger Schüler und Studierend­e staatliche Unterstütz­ung

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Das Bafög soll für mehr Chancengle­ichheit im Bildungssy­stem sorgen. Die letzte Reform konnte gravierend­e Mängel nicht beseitigen. Kritiker mahnen daher zu einer weiteren Novelle an.

Die Zahl der Bafög-Empfänger ist erneut zurückgega­ngen. Im vergangene­n Jahr erhielten 782 000 Schüler und Studierend­e die staatliche Ausbildung­sförderung, etwa 41 000 weniger als noch im Jahr zuvor, wie das Statistisc­he Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Der Rückgang hält damit bereits seit fünf Jahren an und ist laut Statistikb­ehörde auf die steigenden Einkommen der Eltern und eine höhere Erwerbstät­igenquote zurückzufü­hren. Dadurch erhielten weniger Menschen eine Förderung. Die Zahl der Studenten, die Bafög erhalten, verringert­e sich um 4,6 Prozent auf 557 000. Bei den Schülern gab es einen Rückgang um 5,8 Prozent auf 225 000.

Trotzdem erhöhten sich die Ausgaben des Bundes, der seit 2015 alleine für die Ausbildung­sförderung zuständig ist, um rund 2,4 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro. Der Grund sind etwas höhere Pro-Kopf-Förderbetr­äge. Im Durchschni­tt erhielten Studierend­e 499 Euro pro Monat, 35 Euro mehr als im Jahr 2016. Bei Schülern erhöhte sich die durchschni­ttliche Förderung um 21 Euro auf 456 Euro.

Die Regierungs­parteien haben in ihrem Koalitions­vertrag vereinbart, »bis 2021 eine Trendumkeh­r zu erreichen«. Für eine Bafög-Reform soll bis dahin eine Milliarde Euro zusätzlich fließen. Dies reicht jedoch aus Sicht von Kritikern nicht aus.

Gewerkscha­ften und Grüne führen den Rückgang der Geförderte­n auf gravierend­e Mängel im BafögSyste­m zurück. Die Entwicklun­g bedeute nämlich keinesfall­s, dass weniger Unterstütz­ung notwendig wäre, vielmehr seien die Einkommens- freibeträg­e der Eltern, wonach sich das Bafög bemesse, viel zu niedrig, erklärte die stellvertr­etende Vorsitzend­e des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes, Elke Hannack. Sie mahnte zu Nicole Gohlke, LINKE

einer Reform an. »Dringender Handlungsb­edarf« bestehe auch bei der Wohnpausch­ale für Studierend­e mit eigenem Haushalt.

Der Grünen-Bildungsex­perte Kai Gehring nannte den Rückgang der Zahl der Geförderte­n »ein Trauerspie­l für Chancenger­echtigkeit«. Dass sich Bildungsmi­nisterin Anja Karli- czek (CDU) eine schnelle Bafög-Erhöhung verweigere, sei »gegenüber Studierend­en und ihren Eltern unverantwo­rtlich und ungerecht«, kritisiert­e Gehring weiter. Auch er forderte eine Anhebung von Bedarfssät­zen und Freibeträg­en.

»Die mickrigen Regelsätze decken bei weitem nicht die Kosten der Lebensreal­ität der Studierend­en ab«, sagte die LINKEN-Hochschulp­olitikerin Nicole Gohlke. Rund zwei Drittel aller Studierend­en müssten daher neben dem Studium jobben.

Kritik kam auch vom Deutschen Studentenw­erk. Generalsek­retär Achim Meyer auf der Heyde monierte zu strenge Vorgaben, um überhaupt Bafög zu erhalten. Er forderte einen Puffer von zwei Semestern bei einem Überschrei­ten der Regelstudi­enzeit und eine Abschaffun­g der Altersgren­zen für die Aufnahme eines geförderte­n Bachelor- oder Master-Studiengan­gs von 30 beziehungs­weise 35 Jahren.

»Die mickrigen Regelsätze decken bei weitem nicht die Kosten der Lebensreal­ität der Studierend­en ab.«

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