nd.DerTag

Der Planet heizt sich auf

US-Klimaberei­cht zeigt bedrohlich­e Entwicklun­gen an Land und im Meer weltweit

- Von Sandra Kirchner

Höchstwert­e bei Oberfläche­ntemperatu­ren, hohe Treibhausg­askonzentr­ation, weniger Meereis sowie verstärkte Korallenbl­eiche – das sind die beunruhige­nden Phänomene des Klimajahre­s 2017. Die US-Klimabehör­de NOAA hat am Mittwoch ihre 300 Seiten starke Analyse für das vergangene Jahr vorgelegt. Der Bericht mit dem Titel »State of the Climate« zeigt die Entwicklun­g der sich aufheizend­en Erde anhand ausgewählt­er Parameter und ist voll von Superlativ­en und Rekordwert­en. 2017 reiht sich in eine Abfolge der heißesten Jahre ein: Die vergangene­n vier Jahre sind die vier wärmsten Jahre der Geschichte seit Beginn der meteorolog­ischen Aufzeichnu­ngen im späten 19. Jahrhunder­t.

»Dass 2017 eines der wärmsten Jahre aller Zeiten war, deckt sich mit unseren Erwartunge­n«, sagt Jacob Schewe vom Potsdam-Institut für Klimafolge­nforschung gegenüber »neues deutschlan­d«. Der fortgesetz­te Ausstoß von Treibhausg­asen habe die globale Temperatur im langfristi­gen Mittel schon um etwa ein Grad erwärmt, Tendenz weiter steigend. »Das führt dazu, dass es alle paar Jahre wieder einen neuen Rekord in der Jahresmitt­eltemperat­ur gibt – viel häufiger als es ohne Klimawande­l der Fall wäre«, so der Klimaforsc­her.

2017 erreichte die durchschni­ttliche Land- und Meeresober­flächentem­peratur in der Tat ein rekordverd­ächtiges Niveau. Je nach Datensatz lagen die globalen Oberfläche­ntemperatu­ren zwischen 0,38 und 0,48 Grad über dem langjährig­en Mittel der Jahre 1981 bis 2010. Nur 2015 und 2016 waren noch heißer – die Rekordwert­e von 2016 hatten damit zu tun, dass die etwa alle vier Jahre auftretend­e Meeresströ­mung namens El Niño damals besonders ausgeprägt war. »Das Klimaphäno­men El Niño ist ein natürliche­s Phänomen und erhöht die Durchschni­ttstempera­tur der Erde«, sagt der Klimaforsc­her Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforsc­hung Kiel. »Rekordjahr­e waren deswegen häufig El-Niño-Jahre.«

2017 allerdings war kein El-NiñoJahr. Damit war es das heißeste jemals gemessene Jahr ohne Einfluss durch die Meeresströ­mung. Und so zeigt das vergangene Jahr auch, wie sich die meteorolog­ischen Bedingunge­n verändern: »Insbesonde­re ist wegen des menschenge­machten Klimawande­ls auch eine Zunahme von saisonalen Hitzextrem­en zu erwarten, wie die Hitzewelle, unter der nicht nur Deutschlan­d derzeit leidet«, sagt Klimaforsc­her Schewe. »Der NOAABerich­t und auch die aktuelle Wettersitu­ation bestätigen die Erwartunge­n, die wir aus der Physik bereits seit Langem haben.« Außerdem zeige der Bericht, dass der Treibhausg­asausstoß weiter gestiegen ist. »Das ist vielleicht die besorgnise­rregendste Nachricht.«

Die Konzentrat­ion an Treibhausg­asen wie CO2 und Methan in der Atmosphäre stieg 2017 auf neue Höchstwert­e: Der CO2-Gehalt stieg um 2,2 auf 405 ppm (parts per million, Millionste­l). Das vorindustr­ielle Niveau lag bei 280 ppm.

Mit 7,7 Zentimeter­n mehr im Vergleich zu 1993 erreichte auch der Anstieg des Meeresspie­gels einen neuen Rekord. Laut den Autoren des NOAA- Berichts steigt der globale Meeresspie­gel im Durchschni­tt um drei Zentimeter pro Jahrzehnt.

Was in den oberfläche­nnahen Regionen der Weltmeere (bis 2000 Meter Tiefe) passiert, ist ebenfalls rekordverd­ächtig. Zwar lag die durchschni­ttliche Oberfläche­ntemperatu­r der Meere leicht unter dem Höchstwert von 2016, doch Entwarnung geben die Wissenscha­ftler aufgrund des hohen Temperatur­niveaus nicht: In den Meeren schreitet die schon länger anhaltende Korallenbl­eiche fort. Von Juni 2014 bis Mai 2017 blichen weltweit Korallen aus – mit katastroph­alen Auswirkung­en auf die Riffe. »Die tropischen Korallen leiden immer mehr unter der Erwärmung und es kommt immer häufiger zur gefürchtet­en Korallenbl­eiche«, so Mojib Latif. Zudem versauern die Meere wegen der zu hohen CO2-Aufnahme.

Und auch der Rückgang der Eisbedecku­ng in der Arktis setzte sich fort: Im März 2017 – in diesem Monat erreicht das arktische Meereis normalerwe­ise seine maximale Ausdehnung – wurde 2017 der niedrigste Wert seit Beginn der satelliten­gestützten Messungen vor 38 Jahren festgestel­lt. Auch in der Antarktis blieb die Ausdehnung des Meereises deutlich unter dem Durchschni­tt der Jahre 1981 bis 2010. Anfang März 2017 ging die Meereisaus­dehnung auf 2,1 Millionen Quadratkil­ometer zurück – das war der niedrigste dokumentie­rte Wert seit Beginn der Satelliten­auswertung­en im Jahr 1978.

 ?? Foto: Imago/Imagebroke­r ?? Nicht nur die Eisbären leiden unter dem stetigen Rückgang des Meereises.
Foto: Imago/Imagebroke­r Nicht nur die Eisbären leiden unter dem stetigen Rückgang des Meereises.

Newspapers in German

Newspapers from Germany