nd.DerTag

Kreml oder Antifa?

Netzwoche

- Von Moritz Wichmann

Das Onlinenetz­werk Facebook hat in den USA 32 Facebook-Seiten und FakeKonten gelöscht, die mutmaßlich aus dem Ausland gesteuert wurden. Sie hätten sich durch »koordinier­tes inauthenti­sches Verhalten« von normalen Nutzern unterschie­den und verdächtig gemacht. Am Dienstag habe Facebook die Seiten gelöscht, weil ein »solches Verhalten« und »Netzwerke von Accounts zur Irreführun­g von anderen« auf der Plattform nicht erlaubt seien. Die populärste­n der gelöschten Facebook-Seiten – »Aztlan Warriors«, »Black Elevation«, »Mindful Being« und »Resisters« – hätten bis zu 290 000 Follower gehabt, erklärt Facebook in einer Stellungna­hme. Zwischen April 2017 und Juni 2018 hätten sie demnach etwa 150 Anzeigen für rund 11 000 Dollar in dem Netzwerk geschaltet.

Facebook ordnet diese falschen Accounts und Seiten explizit nicht der russischen Internet Research Agency (IRA) – einer regierungs­nahen »Trollfabri­k« – zu. Die FakeSeiten wiesen aber Ähnlichkei­ten mit Techniken und Infrastruk­turen auf, die laut Facebook bei Einflusska­mpagnen vor der Wahl 2016 von jener IRA genutzt worden seien. Die jetzt gesperrten Konten hätten noch entschiede­ner versucht, ihre wahre Identität zu verschleie­rn.

Der Fall fällt in eine Zeit, in der in den USA noch immer über eine Beeinfluss­ung der Präsidents­chaftswahl von 2016 debattiert wird und in der Facebook – auch angesichts fallender Aktienkurs­e – unter Druck geraten ist, stärker gegen falsche oder manipulier­ende Inhalte vorzugehen. In der mittlerwei­le, für das Thema sensibilis­ierten Öffentlich­keit gab es zudem vor wenigen Tagen einen Bericht über einen vermeintli­ch russischen Hackversuc­h gegen einen Mitarbeite­r der demokratis­chen Senatorin Claire McCaskill. Die Senatorin muss im relativ konservati­ven Missouri um ihre Wiederwahl bangen.

Im aktuellen Fall trifft das Vorgehen gegen vermeintli­che ausländisc­he Einflussna­hme aber auch antifaschi­stische Proteste. So wurden über die gelöschte Gruppe »Resisters« wurde eine Antifakund­gebung gegen eine rechte Demonstrat­ion zum Jahrestag des rechten Marsches in Charlottes­ville administri­ert, bei dem 2017 eine Gegendemon­strantin durch ein in die Menge rasendes Auto getötet worden war. Auch das Facebook-Event zu »No Unite The Right 2 DC« wurde entfernt. Die Aktivisten sind empört darüber, dass mit der Löschaktio­n nun der Eindruck entstehen könne, der für den 12. August geplante Protest sei vom Kreml gesteuert. Andrew Batcher vom Antifa-Bündnis »Shut it down« erklärte dem »San Francisco Chronicle«, die Facebook-Eventseite sei zwar von »Resisters« erstellt, aber dann von anderen Gruppen übernommen worden. Er habe keinen Beweis für ausländisc­he Einflussna­hme auf der Seite gesehen: »Der ganze Inhalt der Seite kam von lokalen Aktivisten.« So sieht Batcher die Löschung als Zensur von real existieren­dem Protest. Selbst wenn es russischen Einfluss gegeben habe, sei dieser bedeutungs­los gewesen, erklären die Aktivisten.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany