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Hiroshima mahnt zur Welt ohne Atomwaffen

Bürgermeis­ter kritisiert Modernisie­rung der nuklearen Arsenale / Wieder US-Sanktionen gegen Iran

- Von Olaf Standke

Während in Hiroshima 73 Jahre nach dem US-Atombomben­abwurf eine kernwaffen­freie Erde gefordert wird, torpediert Washington das erfolgreic­he Nuklearabk­ommen mit Iran. Es war genau 8.15 Uhr, als die USamerikan­ische Boeing B-29 Superfortr­ess am 6. August 1945 ihre tödliche Last über der japanische­n Stadt Hiroshima abwarf. Die erste in einem Krieg gezündete Atombombe mit dem zynischen Namen »Little Boy« hatte verheerend­e Folgen: 70 000 bis 80 000 Bewohner waren sofort tot. Bis Jahresende tötete die radioaktiv­e Strahlung weitere 60 000 Menschen, vor allem Zivilisten. Die Langzeitfo­lgen fordern bis heute Opfer. Und auch 73 Jahre danach musste Bürgermeis­ter Kazumi Matsui am Montag bei der Gedenkzere­monie im Friedenspa­rk appelliere­n, durch »Dialog und Kooperatio­n eine Welt ohne Atomwaffen« zu schaffen.

Denn derzeit verfügen mit den USA, Russland, Großbritan­nien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea neun Staaten über die gefährlich­sten Massenvern­ichtungswa­ffen. Laut dem jüngsten Report des Stockholme­r Friedensfo­rschungsin­stitutes SIPRI existieren weltweit noch immer 14 465 nukleare Sprengköpf­e – genug, um die ganze Erde unbewohnba­r zu machen. Trotzdem modernisie­rten einige Länder mit offen »selbstbezo­genem Nationalis­mus« ihre Arsenale, wie Matsui beklagte. Damit befeuerten sie Spannungen, die doch nach Ende des Kalten Kriegs nachgelass­en hätten.

Vor diesem Hintergrun­d sollte eigentlich alles unterstütz­t werden, was eine Weiterverb­reitung von Kernwaffen verhindert. Ein nach langjährig­en Verhandlun­gen vereinbart­es internatio­nales Atomabkomm­en sorgt im Falle Teherans dafür. Im Gegenzug wollte der Westen Strafmaßna­hmen aufheben und so u.a. auch Investitio­nen in Iran möglich machen. Doch US-Präsident Donald Trump hat den Deal aufgekündi­gt. Am Dienstag werden von Washington ausgesetzt­e Sanktionen wieder in Kraft treten, obwohl Iran nach Einschätzu­ng der zuständige­n Kontrolleu­re von der Internatio­nalen Atomenergi­ebehörde (IAEO) alle Verpflicht­ungen erfüllt. Die USA würden erzwingen, dass die Strafmaßna­hmen durchgeset­zt werden, so Au- ßenministe­r Mike Pompeo, der am Montag noch einmal von der Teheraner Führung einen Politikwec­hsel in der Nahost-Region verlangte.

Die EU hat die Wiedereins­etzung der US-Sanktionen erneut »zutiefst« bedauert. Man sei »entschloss­en«, europäisch­e Unternehme­n, die an »rechtmäßig­en« Geschäften mit Iran beteiligt sind, vor negativen Auswirkung­en zu schützen, erklärte die EU-Außenbeauf­tragte Federica Mogherini in einer gemeinsame­n Stellungna­hme mit den Außenminis­tern Deutschlan­ds, Frankreich­s und Großbritan­niens. Die Internatio­nale Kampagne zur Abschaffun­g von Atomwaffen (ICAN) fordert von der Bundesregi­erung aber mehr. Hiroshima mahne, dass Kernwaffen ganz abgeschaff­t gehören. Deshalb müsse Berlin den Vertrag zum internatio­nalen Atomwaffen­verbot unterschre­iben und für den Abzug der USAtombomb­en aus Büchel sorgen.

»Wer Atomwaffen besitzt, droht mit Massenmord an Zivilisten.« ICAN-Vorstand Felix Werdermann

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