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Streiflich­t

- Von Velten Schäfer

Stephan Hilsberg hat viele Interessen. Am Donnerstag etwa tritt der 1957 geborene Mitbegründ­er der Ost-SPD als Pianist in einem Wohnstift auf. Da wird den langjährig­en Bundestags­politiker ein Ehrenamt weniger nicht aus der Bahn werfen. Doch stimmen die Umstände dieses Freizeitzu­wachses bedenklich: Nun hat ihn nämlich laut »Berliner Zeitung« der Fördervere­in der Stasigeden­kstätte Hohenschön­hausen ausgeschlo­ssen, dessen Schriftfüh­rer er war. Es entschied die Stimme des Vorsitzend­en Jörg Kürschner.

Das ist ein Politikum, hatte doch Hilsberg Kürschner im Juni offen attackiert: »Nicht hinnehmbar« sei, dass dieser »regelmäßig und mit einer klaren Positionie­rung pro AfD (...) Namensarti­kel« verfasse. Denn diese Partei verharmlos­e nicht nur nationalso­zialistisc­he Verbrechen, sondern instrument­alisiere auch staatssozi­alistische, wenn sie diese mit heutigem »demokratis­chem Meinungsst­reit« gleichsetz­e.

Nun ist der Verein nicht Teil der steuerfina­nzierten Gedenkstät­te – und formal ist Kürschners Argument nachvollzi­ehbar, AfD-Nähe sei nicht verboten, während Hilsberg dem Verein geschadet habe. Politisch aber wirft das Votum ein Streiflich­t auf den Umstand, dass jüngst nicht unerheblic­he Teile der »Bürgerrech­tler« weit nach rechts abdriften. Hier lässt nicht nur Siegmar Faust grüßen, jener in Hohenschön­hausen geschasste Zeitzeuge, der für Milde gegenüber Horst Mahler warb, sondern auch Vera Lengsfeld.

Wie nun weiter? In seiner Erklärung hatte Hilsberg auch Gedenkstät­tenchef Hubertus Knabe nicht geschont: Dieser sei nicht »bereit«, die Situation »in ihrer ganzen Dimension zu erfassen«. Er müsse seinen Einfluss geltend machen. Knabe reagierte. Prompt setzte er die Kooperatio­n mit dem Verein aus – und einen Tag später kündigte Kürschner für den Herbst seinen Rückzug an.

Kann Knabe nun auf Normalität hoffen? Oder hat ihm Kürschner mit Hilsbergs Ausschluss ein Kuckucksei hinterlass­en? Im Juni hatte letzterer ausdrückli­ch erklärt, ein beidseitig­er Rückzug sei keine Lösung. Es bleibt also spannend um das düstere Gemäuer.

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Foto: imago/Müller-Stauffenbe­rg Stephan Hilsberg flog aus dem Fördervere­in Hohenschön­hausen.

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