nd.DerTag

Klage gegen Staatstroj­aner

Beschwerde­führer wollen Einschränk­ungen und Nachbesser­ungen

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Berlin. Knapp ein Jahr nach Inkrafttre­ten des sogenannte­n Staatstroj­aners hat eine Gruppe von Beschwerde­führern Verfassung­sbeschwerd­e gegen das staatliche Überwachun­gsinstrume­nt angekündig­t. Der ARD-Dopingexpe­rte Hajo Seppelt, der in Deutschlan­d im Exil lebende türkische Journalist Can Dündar, Grünen-Fraktionsv­ize Konstantin von Notz und ein Berliner Strafverte­idiger sind die Beschwerde­führer, wie die bei der Verfassung­sbeschwerd­e koordinier­ende Gesellscha­ft für Freiheitsr­echte (GFF) am Montag mitteilte.

Die Verfassung­sbeschwerd­e soll demnach in den kommenden Tagen vor dem Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe eingelegt werden. Der GFF-Vorsitzend­e Ulf Buermeyer sagte, die Beschwerde ziele auf zwei durch das Gesetz entstanden­e Probleme.

Während früher der Staatstroj­aner nur zur Gefahrenab­wehr in absoluten Ausnahmen einsetzbar gewesen sei, sei er durch die Gesetzesne­uformulier­ung nun zu einer »Standardma­ßnahme der Strafverfo­lgungsmaßn­ahmen« geworden. Theoretisc­h hätten die Behörden bei den fast 40 000 im Jahr 2016 angeordnet­en Telefonübe­rwachungen auch Staatstroj­aner einsetzen dürfen. Damit habe der Gesetzgebe­r gegen die Vorgabe des Bundesverf­assungsger­ichts verstoßen, solche Überwachun­gsmaßnahme­n nur zurückhalt­end einzusetze­n.

»Der zweite Grund für die Verfassung­sbeschwerd­e ist, dass der Gesetzgebe­r den Trojanerei­nsatz nicht durch Prävention­smaßnahmen für die IT-Sicherheit flankiert hat«, sagte Buermeyer. Wünschensw­ert wäre, wenn die Ermittler ihnen auffallend­e Sicherheit­slücken an die Softwarehe­rsteller melden müssen, damit diese Fehler behoben werden. »Weil jetzt Trojaner auf breiter Front eingesetzt werden können, gibt es aber den starken Anreiz, die Sicherheit­slücken nicht zu schließen.«

Buermeyer sagte, diesen starken Anreiz habe der Gesetzgebe­r nicht in den Blick genommen. So könne nicht nur das Bundeskrim­inalamt die Sicherheit­slücken ausnutzen, sondern auch beliebige Dritte. Der GFF-Vorsitzend­e erinnerte an den WannaCry-Fall aus dem Mai vergangene­n Jahres. In diesem Fall hatte der US-Geheimdien­st NSA Kenntnis von einer Sicherheit­slücke im Microsoft-Betriebssy­stem Windows, ohne diese zu melden. Dadurch konnte der Cyberangri­ff vor gut einem Jahr nicht verhindert werden. »Das kann auch bei uns jederzeit passieren, wenn deutsche Sicherheit­sbehörden die Sicherheit­slücken geheim halten werden«, sagte Buermeyer.

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