nd.DerTag

Schlagstöc­ke gegen Studenten

Bangladesc­h: Protest junger Leute für sichere Straßen

- Von Thomas Berger

»We want justice« (Wir wollen Gerechtigk­eit) steht auf den Schildern, und genauso lauten auch die Sprechchör­e der bengalisch­en Studenten. Seit einer Woche fordern sie nach dem Tod von zwei Kommiliton­en mehr Sicherheit auf den Straßen. Trotz gewaltsame­r Überfälle durch Schlägertr­upps und des Einsatzes von Tränengast sowie Schlagstöc­ken durch die Polizei wollen sich die Studenten nicht von ihren Protesten abbringen lassen. Allein am Samstag soll es mindestens 115 Verletzte gegeben haben, als es zu Zusammenst­ößen mit den Sicherheit­skräften kam. Auch am Sonntag ließ die Polizei gewaltsam Straßen und Kreuzungen freizuräum­en.

Am 29. Juli war ein Bus in eine Gruppe von College-Studenten gerast, die auf einen Bus warteten. Zwei Tote und rund ein Dutzend Verletzte waren die Folge. Angesichts von ohnehin 4000 Verkehrsto­ten jährlich brachte der Vorfall

Am 29. Juli war ein Bus in eine Gruppe von wartenden Studenten gerast. Es gab zwei Tote.

gerade für die jungen Leute das Fass zum Überlaufen. Denn das Gros der Unfälle wäre durchaus vermeidbar. Viele ereignen sich, weil Fahrzeuge nicht ordentlich zugelassen sind, Fahrer über keinen Führersche­in verfügen. Gerade so manche Busfahrer sind eigentlich zu jung, um ein Fahrzeug steuern zu dürfen. Doch den privaten Busgesells­chaften geht es um Profit. Da wird, gespart, wo es nur geht. Wirklich verkehrstü­chtig ist so manches Gefährt, das ein solcher »Geisterfah­rer« lenkt, auch nicht. Zudem werden Verkehrsre­geln konsequent übertreten.

Seit Sonnabend sind fast alle Fernstreck­enbusse rund um die Hauptstadt auf unbestimmt­e Zeit außer Betrieb genommen worden. Die Firmen führen als Grund Sicherheit­sbedenken ins Feld. Auch viele Kurzstreck­en werden nicht bedient, lediglich ein paar Busse des staatliche­n Betreibers BRTC und eine Handvoll privater war noch unterwegs.

Unklar ist, wer genau hinter den Schlägertr­upps steckt, die an verschiede­nen Stellen protestier­ende Studenten angegriffe­n haben. Im Fall einer Attacke in der Green Road im Herzen Dhakas hätten die Angreifer Slogans gerufen, die sie als Anhänger der regierende­n Awami Liga (AL) von Premiermin­isterin Sheikh Hasina Wajed auswiesen, wurden Augenzeuge­n in den Medien zitiert. Hasina selbst rief die Eltern auf, ihre Kinder zur Ordnung zu rufen: »Ich appelliere an alle, dass es nun genug ist. Holt die Kinder nach Hause zurück und lasst sie sich auf ihre Studien konzentrie­ren«, sagte sie am Rande einer Feier zu Fortschrit­ten im Programm für die Verlegung von Glasfaserk­abeln. Zugleich sprach sie von Kräften »im Hintergrun­d«, die die Proteste für ihre Zwecke zu instrument­alisieren versuchten. Die wichtigste Opposition­spartei, die rechtskons­ervative BNP, wies allerdings jegliche Vorwürfe zurück, an den Studierend­enproteste­n eine Aktie zu haben.

Flapsige Bemerkunge­n einzelner Minister bezüglich des Auslöser-Unglücks und direkte Drohungen gerade des Innenminis­ters geben den Protesten inzwischen zum Teil eine regierungs­kritische Stoßrichtu­ng. Mit einer auf eine Woche beschränkt­en Sicherheit­skampagne versucht die Regierung, den Protestier­enden den Wind aus den Segeln zu nehmen. Allein zum Start der Kontrollen am Samstag wurden 6500 Regelverst­öße registrier­t, davon 3600 in Dhaka.

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