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Zwischen Hoffen und Bangen

Die Bandgeschw­indigkeit im Eisenacher Opel-Werk soll zunächst nicht gedrosselt werden

- Von Hans-Gerd Öfinger

In Eisenach sind zwar die Werksferie­n für die Opelaner vorbei, normal wird die Produktion aber nicht gleich wieder laufen. Daran ist auch der wochenlang­e Streik beim Zulieferer Halberg Guss schuld. Nach dem Ende der Werksferie­n sind die Beschäftig­ten des Eisenacher Opelwerks am Montag wieder an ihren Arbeitsplä­tzen erschienen. Sie seien »gemäß Schichtpla­n zu internen Informatio­nsveransta­ltungen im jeweiligen Produktion­sbereich ins Werk gekommen«, sagte ein Unternehme­nssprecher auf nd-Anfrage. »Wie jedes Jahr nach der Sommerpaus­e« habe man sie über die Planungen für ihren Bereich informiert. »Weitere Informatio­nen werden wir zu gegebener Zeit bekanntgeb­en«, so der Sprecher. In den Opel-Werken Rüsselshei­m und Kaiserslau­tern hatten die Werksferie­n bereits früher geendet.

Im Eisenacher Werk mit derzeit 1850 Beschäftig­ten werden die Modellreih­en Adam und Corsa gefertigt. Das Management hatte hier den Beginn der Werksferie­n im Juli vorgezogen. Auslöser waren offensicht­lich Lieferschw­ierigkeite­n in Folge des Streiks der IG Metall beim Autozulief­erer Neue Halberg Guss (NHG), der mit seinen Motorentei­len auch das Eisenacher Opel-Werk beliefert. Zwar wurde der Arbeitskam­pf bei NHG am Montag vergangene­r Woche nach sechs Wochen ausgesetzt – dort sollen am Dienstag die Schlichtun­gsverhandl­ungen fortgesetz­t werden –, doch die Arbeitsnie­derlegunge­n wirkten sich auch auf verschiede­ne Autobauer aus.

Die alte Lieferkett­e und Versorgung von Opel mit den für die Endmontage der Fahrzeuge dringend benötigten Komponente­n ist nämlich noch längst nicht wiederherg­estellt. Denn bei NHG standen in der vergangene­n Woche nach Insiderang­aben zunächst reine Instandhal­tungsschic­hten an. Eine Rückkehr zu regulärer Produktion im »normalen« Umfang ist in Gießereibe­trieben wie NHG mit seinen Schmelzöfe­n aus technische­n Gründen nicht auf Knopfdruck möglich und könnte noch weitere zwei Wochen dauern.

So ist es kein Zufall, dass Opel in der vergangene­n Woche ankündigte, die Geschwindi­gkeit der Fertigungs­linien in seinen Autofabrik­en deutlich zu verringern – auch wenn die offizielle­n Verlautbar­ungen dies nicht direkt in Verbindung mit dem NHG- Streik bringen. Für Eisenach sollte die Produktion von 37 auf 30 Pkw pro Stunde herabgeset­zt werden, im polnischen Werk Gliwice sollen statt bisher 40 nur noch 25 Autos vom Montageban­d rollen. Nach Insiderang­aben wurde die Reduzierun­g der Bandgeschw­indigkeit allerdings ohne Absprache mit dem Betriebsra­t angeordnet.

Wie der Mitteldeut­sche Rundfunk am Montag berichtete, soll die Eisenacher Pkw-Produktion ab der kommenden Woche wieder auf dem alten Niveau von 37 Pkw pro Stunde und in zwei Schichten laufen. Weil sich die Zulieferbe­triebe jedoch in den vergangene­n Wochen auf eine gedrosselt­e Produktion und einen Einschicht­betrieb in Eisenach eingestell­t hatten, dauert es nun offenbar eine weitere Woche, bis alle Teile für die volle Produktion wieder in ausreichen­der Zahl vorhanden sind. Somit ruhen die Bänder in Eisenach noch bis zum kommenden Wochenende. Der Zweischich­tbetrieb soll mit der Frühschich­t am 13. August beginnen. Dem Vernehmen nach sollen Ersatzprod­ukte für die bisher von NHG gelieferte­n Teile zum Einsatz kommen. Diese Meldung wurde von Opel nicht dementiert.

Die Meldung über die gedrosselt­e Bandgeschw­indigkeit hatte zunächst neue Besorgnis um die Opel-Standorte ausgelöst. So verlangten nach Angaben von Eisenachs Oberbürger­meisterin Katja Wolf (LINKE) die Rathausche­fs der drei deutschen OpelStädte bei einem Treffen von der Geschäftsf­ührung und der Pariser PSA- Konzernzen­trale klare Informatio­nen über strategisc­he Planungen. Erst vor zwei Wochen hatte Opel-Chef Michael Lohschelle­r eine Rückkehr in die Gewinnzone und eine »Ertragswen­de« gemeldet sowie für das erste Halbjahr 2018 einen operativen Gewinn von 502 Millionen Euro verkündet. Branchenke­nner sehen die Hauptursac­he hierfür in der verstärkte­n Nachfrage der Käufer von Fahrzeugen der Modellreih­e Insignia nach Sonderauss­tattungen, die für Opel als überdurchs­chnittlich profitabel gelten. Demgegenüb­er ist die Modellreih­e Astra mit einer Jahresprod­uktion von rund 150 000 Exemplaren zunehmend das Sorgenkind der Opelaner. In vergangene­n Jahrzehnte­n wurden noch bis zu 400 000 Pkw dieser Modellreih­e produziert.

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Foto: dpa/Martin Schutt Die Opelaner in Eisenach hoffen weiter auf Licht am Ende des Tunnels.

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