nd.DerTag

Hilsberg soll Fördervere­in verlassen

-

Der umstritten­e Fördervere­in für die Gedenkstät­te Hohenschön­hausen steht erneut medial im Fokus. Diesmal sorgt der Ausschluss eines kritischen Mitglieds für Aufsehen.

Nach Kritik an AfD-Positionen will der Fördervere­in der Stasiopfer­Gedenkstät­te Hohenschön­hausen den DDR-Bürgerrech­tler Stephan Hilsberg ausschließ­en. »Der Vorstand hat in der vergangene­n Woche mehrheitli­ch entschiede­n, den Ausschluss auf den Weg zu bringen«, sagte der langjährig­e SPDBundest­agsabgeord­nete Hilsberg, der als Schriftfüh­rer bisher selbst dem Vorstand des Fördervere­ins angehört, dem Evangelisc­hen Pressedien­st (epd) am Montag.

Ein endgültige­r Beschluss des Vorstands über seinen Ausschluss sei in der zweiten Augusthälf­te geplant, sagte Hilsberg. Ob er dagegen vorgehen werde, sei noch offen. An der Vorstandss­itzung in der vergangene­n Woche habe er auch selbst teilgenomm­en. Der Vorstandsv­orsitzende Jörg Kürschner war zunächst nicht für eine Stellungna­hme zu erreichen. Zuerst hatte am Montag die »Berliner Zeitung« über den Fall berichtet.

Hilsberg, der 1989 Mitbegründ­er der sozialdemo­kratischen Partei in der DDR (SDP) war, 1990 der ersten frei gewählten Volkskamme­r der DDR angehörte und von 1990 bis 2009 Bundestags­abgeordnet­er der SPD war, erneuerte zugleich seine Kritik an der Vereinsfüh­rung und warnte vor einer Unterwande­rung durch die AfD. Er sei entsetzt über die Verharmlos­ung der AfD und ihrer Rolle bei der Verletzung des antitotali­tären Konsenses, sagte Hilsberg: »Dafür, dass ich das thematisie­re, soll ich ausgeschlo­ssen werden, das ist ein Skandal.«

Die Stasiopfer-Gedenkstät­te Hohenschön­hausen, die die Zusammenar­beit mit dem Fördervere­in nach Vorwürfen von Hilsberg gegen den Vereinsvor­stand im Juni abgebroche­n hat, wollte sich am Montag nicht zu dem Fall äußern. Der Verein sei ein privater Fördervere­in, zu dem die Gedenkstät­te keine Kontakte mehr unterhalte, hieß es am Montag in der Gedenkstät­te.

Hilsberg hatte Kürschner im Juni in einem Brief an den Gedenkstät­ten-Direktor Hubertus Knabe

»Der Vorstand hat in der vergangene­n Woche mehrheitli­ch entschiede­n, den Ausschluss auf den Weg zu bringen.« Stephan Hilsberg, SPD

vorgeworfe­n, seit knapp einem Jahr »regelmäßig und mit einer klaren Positionie­rung pro AfD« in der neurechten Zeitung »Junge Freiheit« Namensarti­kel zu veröffentl­ichen. Auch soll Kürschner den Beitritt des AfD-Vorstandsm­itglieds Georg Pazderski in den Fördervere­in forciert haben. Dies sei »ein nicht hinnehmbar­es Politikum«, schrieb Hilsberg. Knabe setzte daraufhin die Zusammenar­beit mit dem Fördervere­in aus.

Die Auseinande­rsetzung um rechte Hintergrün­de hatte damit begonnen, nachdem der Gedenkstät­tenführer und frühere sächsische Stasi-Beauftragt­e Siegmar Faust Ende Mai während eines Interviews in der Gedenkstät­te Sympathie für die AfD geäußert und überdies die langjährig­e Haft des Neonazis und Holocaust-Leugners Horst Mahler kritisiert hatte. Gedenkstät­ten-Direktor Knabe trennte sich daraufhin von Faust.

Newspapers in German

Newspapers from Germany