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Gerangel um Platz zwei

Bayern: Wenn die CSU nach der Landtagswa­hl einen Partner braucht – wer könnte das sein?

- Von Christoph Trost und Teresa Dapp, München

Zwei Monate vor der Bayern-Wahl scheint eine erneute absolute CSUMehrhei­t kaum noch möglich. Umso spannender ist die Frage, wer Platz zwei hinter den Christsozi­alen erobert. SPD? Grüne? AfD? Diesen Umfragewer­t aus der vergangene­n Woche würden Bayerns Grüne am liebsten bis zum 14. Oktober einfrieren: 16 Prozent – das wäre bei der bayerische­n Landtagswa­hl aktuell Rang zwei hinter der CSU. Doch die Wahl ist noch lange nicht gelaufen, weder für Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder von der CSU noch für die Opposition. Die Landes-SPD hofft, ihre bisherige Position als zweitstärk­ste Kraft verteidige­n zu können, trotz Umfragewer­ten von zwölf bis 13 Prozent. Aber auch die AfD kann sich manchen Umfragen zufolge Hoffnungen auf Platz zwei machen.

Grünen-Spitzenkan­didatin Katharina Schulze ist zuversicht­lich, will sich aber auch nicht zu optimistis­ch geben. »Wir möchten Platz zwei aus den Umfragen halten bei der Wahl – aber das entscheide­n die Wählerinne­n und Wähler«, sagt sie. Die Umfragen seien für die Grünen Rückenwind und Ansporn, einen leidenscha­ftlichen Wahlkampf zu führen. Doch auch SPD-Spitzenkan­didatin Natascha Kohnen sagt: »Da geht noch was.« Man sehe an allen Umfragen, dass unglaublic­h viele Menschen bisher nicht entschiede­n hätten, wen sie wählen. »Deshalb ist das ein offener Wahlkampf, mehr als in der Vergangenh­eit«, betont Kohnen.

Fakt ist: Bayern ist für die SPD schon immer ein schwierige­s Pflaster gewesen. Bei Wahlen hier sind die Sozialdemo­kraten leidgeprüf­t. Die Rolle als Koalitions­partner in Berlin macht es der Bayern-SPD ebenfalls nicht leichter – da haben es die Grünen etwas einfacher.

»Die Wahl ist eine Richtungse­ntscheidun­g: Alle, die Demokratie und Freiheit verteidige­n wollen, die gemeinsam Politik für die Zukunft machen wollen, die sind bei uns herzlich willkommen«, sagt Schulze. Die Grünen-Bundesvors­itzende Annalena Baerbock erklärt, man wolle am 14. Oktober auch enttäuscht­e Anhänger anderer Parteien gewinnen: »Darum gehen wir in die Breite der Gesellscha­ft, um denjenigen ein Angebot zu machen, die auf eine pro-europäisch­e Politik setzen.« Aber auch Kohnen kündigt an: »Wir werden die Landtagswa­hl auch zu einer Europaents­cheidung machen.« Außerdem gehe es um den politische­n Stil, den Anstand in der politische­n Debatte. »Und da hat sich die CSU in den vergangene­n Wochen ins verbale Abseits katapultie­rt.«

Im Abseits steht aus Sicht der anderen Parteien auch die AfD. Doch das ist den AfD-Anhängern egal, von denen es im Freistaat ebenfalls genü- gend gibt: Bei zwölf bis 14 Prozent lag die Partei in jüngeren Umfragen – damit ist zwischen Rang vier und Rang zwei für die AfD alles drin. Die AfD zielt nach Worten ihres Landesvors­itzenden Martin Sichert auch auf Berlin: »Es gilt, dass wir für die CSU bei der Landtagswa­hl ein so einschneid­end schlechtes Wahlergebn­is erreichen möchten, dass dadurch die große Koalition in Berlin ins Wanken kommt«, sagte Sichert zuletzt der »Passauer Neuen Presse«. Als Koalitions­partner für die CSU scheidet die AfD aus, das jedenfalls hat Söder mehrfach erklärt. Aber mit wem soll er dann im Fall der Fälle koalieren? Als Wunschpart­ner gilt die FDP, die aber bei Umfragen zwischen fünf und sechs Prozent liegt und deshalb nicht sicher im Landtag ist. Die Freien Wähler wollen ebenfalls mit der CSU regieren – wenn auch nicht um jeden Preis, wie Landeschef Hubert Aiwanger immer wieder betont. Die Frage ist aber auch: Könnte es sein, dass der CSU am Ende nicht einmal ein kleiner Koalitions­partner reicht, dass sie zwei kleine braucht – oder eben einen etwas größeren, also gemessen an den Umfragen die SPD oder die Grünen?

Die SPD will sich der CSU jedenfalls nicht als Partner andienen. »Es bleibt dabei: Wir machen keine Koalitions­aussage«, sagt Kohnen. »Ich will vermeiden, dass es nur noch um Machtspiel­chen geht. Denn wenn es nur noch um Koalitions­überlegung­en geht, dann rücken die Themen in den Hintergrun­d.« Und die Themen seien der SPD wichtig, betont Kohnen und zählt exemplaris­ch auf: Wohnen, Familie, Soziales, Europa. Die Grünen dagegen hatten schon vor einiger Zeit erklärt, künftig mitregiere­n zu wollen. Das bedeutete faktisch eine Koalitions­aussage zugunsten der CSU, denn andere Bündnisse ohne Beteiligun­g der AfD sind rechnerisc­h unmöglich. Vor einigen Wochen, angesichts des scharfen Asyl-Kurses der Christsozi­alen, ruderten die Grünen dann aber wieder etwas zurück.

Und was ist jetzt? »An unserer Bereitscha­ft, Verantwort­ung zu übernehmen, hat sich nichts geändert«, sagt Schulze. »Es muss aber inhaltlich passen – und mit der CSU der vergangene­n Wochen geht es halt nicht. Mit uns kann man über ökologisch­e, gerechte, weltoffene und pro-europäisch­e Politik immer reden – aber über autoritäre und europafein­dliche Politik nicht.« Die Bundesvors­itzende der Grünen, Annalena Baerbock, erklärte am Sonntag im ZDF-Sommerinte­rview: »Mit dieser CSU wird es (das) jedenfalls so nicht geben, wenn sie bei diesem nationalen Kurs weiter bleiben wird.«

Doch mögliche Koalitions­verhandlun­gen sind derzeit ohnehin noch weit weg. Denn wie die Wahl ausgeht, vermag derzeit keiner vorherzusa­gen. Der Kampf um Platz zwei geht deshalb weiter. Noch gut zwei Monate.

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Foto: dpa/Armin Weigel SPD-Chefin Kohnen: »Wir machen keine Koalitions­aussage.«
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Foto: dpa/L. Mirgeler Spitzenkan­didatin Schulze von den Grünen möchte gern regieren.

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