nd.DerTag

Sofortbild­ersüchtig

Polaroids von Wim Wenders im c/o Berlin

- Von Anita Wünschmann

Wenn das c/o Berlin, das Fotokunsth­aus, zu Ausstellun­gen einlädt, eilen die Besucher herbei und reihen sich geduldig in die lange Schlange, um auf den Einlass zu warten. Das war schon so, als das legendäre Ausstellun­gshaus noch im alten Postfuhram­t in Mitte sein Domizil hatte, und es ist auch hier im einstigen Amerika-Haus in unmittelba­rer Nähe zum Bahnhof Zoo nicht anders. Eine echte Fangemeind­e – und das c/o ist ein Wallfahrts­ort für Fotoenthus­iasten. Drei Ausstellun­gen eröffnen in der Regel zugleich, und neben der Talentförd­erung gibt es Hochkaräti­ges aus der internatio­nalen Fotogeschi­chte und Erstklassi­ges aus der Gegenwart. Jetzt steht das Thema »Polaroid« im Mittelpunk­t.

Mit einer facettenre­ichen Schau in den oberen Räumen werden das 80. Gründungsj­ubiläum der Sofortbild­kameras, die Experiment­ierfreude der Fotografen wie Andy Warhol, Richard Hamilton oder Dennis Hopper mit Großfotos und die berühmten Quadrate mit weißem Passeparto­ut gefeiert. In den unteren Räumen entführt Stefanie Mooshammer mit ihrem Fotoessay nach Los Angeles und lässt die Besucher teilhaben an einer skurrilen Liebeserkl­ärung, die allerhand Fragen aufwirft. Mit Apfelsinen und Kaktus, mit eigenen und gefundenen Bildern in Orange, Pink, Grün, Blau und dem legendären Licht werden Fährten gelegt. Der erste TalentAwar­d des c/o Berlin geht also an die junge Österreich­erin für »Can be her« (2015).

Der Andrang aber galt am Vernissage­abend den Sofort-Bildern des prominente­n Filmemache­rs Wim Wenders – unter anderem »Buena Vista Social Club« (1999), »Pina« (2011) und »Das Salz der Erde« (2014) und »Der Himmel über Berlin«. Im tiefem Nachtblau sind die Wände gestrichen. Der Besucher findet sich in einer Schatzkamm­er; dunkel wie das Kino zur Filmvorste­llung, aber auch dunkel aus konservato­rischen Gründen, als würde man sich der Blauen Mauritius nähern. Die 240 Polaroids, die hier gezeigt werden, sind ja auch empfindlic­he Kostbarkei­ten und ganz schatzmäßi­g in lange vergessene­n Zigarrenkä­sten (»Aus der Zeit, als ich noch rauchte«, O-Ton Wim Wenders ) gefunden worden. Schöne Geschichte.

 ?? Fotos: Wim-Wenders-Stiftung ?? Wim Wenders’ Brille ohne Wenders (oben) und Wenders’ Brille mit Wenders.
Fotos: Wim-Wenders-Stiftung Wim Wenders’ Brille ohne Wenders (oben) und Wenders’ Brille mit Wenders.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany