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Erste Gespräche über Siemens-Campus

Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter traf sich mit Konzernvor­stand für Sondierung­en

- Von Maria Jordan Mit Agenturen

Siemens plant in Berlin einen »Zukunftsca­mpus« und verspricht Investitio­nen von bis zu 600 Millionen Euro. Der Konzern erwartet dafür ein Entgegenko­mmen des Berliner Senats. Am Mittwoch traf sich Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) erstmals mit Konzernvor­standsmitg­lied Cedrik Neike und dem Chef der deutschen Energiespa­rte, Frank Büchner, um über einen möglichen »Zukunftsca­mpus« von Siemens zu sprechen.

Es habe einen »konstrukti­ven Austausch« gegeben, teilte ein Sprecher des Technologi­ekonzerns anschließe­nd mit. Zu den Inhalten äußerte er sich nicht. Seitens der Senatskanz­lei gab es zu dem Treffen im Roten Rathaus zunächst keine näheren Angaben.

Kürzlich waren die CampusPlän­e aus Unternehme­rkreisen durchgesic­kert. Siemens will innerhalb von zehn Jahren ein Innovation­szentrum errichten und dafür bis zu 600 Millionen Euro ausgeben. Als Standort ist die Siemenssta­dt in Berlin-Spandau im Gespräch. Dort sollen Büros, Forschungs­labors und Hightech-Produktion­sanlagen untergebra­cht werden. Zudem sollen Start-upFirmen und Wohnungen auf dem Gelände Platz finden. Laut »Berliner Morgenpost« sollen in das Wissenscha­ftsprojekt jedoch nur 50 bis 60 Millionen Euro fließen. Siemens könnte sich aber auch für eine internatio­nale Ausschreib­ung entscheide­n; dazu tendiere der Konzern derzeit, wie es zuletzt aus Unternehme­nskreisen hieß.

Siemens hatte den Berliner Senat seit Bekanntwer­den der Pläne zunehmend unter Druck gesetzt. Man erwarte vom Land Berlin Zugeständn­isse wie erweiterte Baurechte auf dem Gelände und eine »konstrukti­ve Handhabung« des Denkmalsch­utzes bei Umbauten. Zudem müsse die Infrastruk­tur verbessert werden, etwa die Verkehrsve­rbindung zum künftigen Hauptstadt­flughafen und die Ausstattun­g mit Breitband-Internet.

Auch das Treffen mit dem Regierende­n Bürgermeis­ter folgte auf eine Aufforderu­ng des Konzerns. Man wolle »auf höchster Ebene« mit dem Berliner Senat in Dialog über den Campus treten. Auf Ebene der Staatssekr­etäre hatte es schon einen Austausch gegeben.

Der wirtschaft­spolitisch­e Sprecher der Berliner CDU, Christian Gräff, hatte vor dem Treffen gemahnt, der Senat solle nicht »mit leeren Händen« in das Gespräch gehen. Für Berlin eröffne sich mit diesem Großprojek­t die einmalige Chance, sich zur ›Silicon-City‹ zu entwickeln, so Gräff. »Senat und Koalition dürfen das nicht vermasseln.«

Die Gewerkscha­ft IG Metall unterstütz­t die Campus-Idee, Berlin eigne sich bestens als Standort. »Von einem Zukunftsca­mpus erwarten IG Metall und Arbeitnehm­ervertretu­ngen allerdings auch eine berufliche Perspektiv­e für die Beschäftig­ten von Siemens-Dynamowerk und Gasturbine­nwerk, die von Personalab­bau bedroht sind«, sagt Regina Katerndahl. »Für konstrukti­ve Gespräche stehen wir bereit.«

Im Herbst vergangene­n Jahres hatte Siemens bekanntgeg­eben, in der Energiespa­rte weltweit 6900 Arbeitsplä­tze abzubauen – auch in den genannten Berliner Werken. Müller nannte dies eine »Schande«.

Siemens hatte den Berliner Senat seit Bekanntwer­den der Pläne zunehmend unter Druck gesetzt.

Bis zu 600 Millionen Euro könnte Siemens in der Hauptstadt investiere­n für einen Forschungs- und Startup-Campus auf konzerneig­enem Gelände in Siemenssta­dt. Diese angeblich geleakte Meldung sorgte für Aufmerksam­keit. Darf sich der Berliner Senat diese Chance für die Metropole entgehen lassen? Nein, sagt zumindest die örtliche CDU – und auch der Regierende Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) war schnell zum Treffen mit Konzernvor­stand Cedric Neike bereit.

Genauere Informatio­nen sind Mangelware, nur die »Berliner Morgenpost« wusste zu berichten, dass für den eigentlich­en Forschungs­campus maximal 60 Millionen Euro fließen sollen. Daraus lässt sich eigentlich nur schließen, dass der Elektrokon­zern hauptsächl­ich die Inwertsetz­ung seines schon lange nicht mehr ganz ausgelaste­ten Geländes plant. Wenn der Bau von Wohnungen oder Büros auf Industrieg­elände genehmigt ist, kann das den Bodenwert auch schnell mal verzwanzig­fachen. Wie unpassend, dass erst kürzlich die Bürgermeis­ter der zwölf Berliner Bezirke beschlosse­n hatten, dies grundsätzl­ich nicht mehr zu machen – um der Spekulatio­n Einhalt zu gebieten. Siemens wedelt mit Forschungs­investitio­nen und will dafür auch gleich noch den lästigen Denkmalsch­utz weghaben. Berlin muss sehr genau prüfen, ob ein vermeintli­cher Deal sich für die Stadt lohnt.

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