nd.DerTag

Tödliche Abschottun­g Europas

Amnesty: EU-Staaten verantwort­lich für mehr Tote im Mittelmeer

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London. Amnesty Internatio­nal macht europäisch­e Regierunge­n direkt verantwort­lich für steigende Todeszahle­n von Flüchtling­en im zentralen Mittelmeer. Die Zahl der Menschen, die dort ertränken oder in gefährlich­e Lager nach Libyen zurückgebr­acht würden, habe aufgrund des europäisch­en Abschottun­gskurses zugenommen, erklärte die Menschenre­chtsorgani­sation am Mittwoch in London. Allein im Juni und Juli seien mehr als 721 Menschen auf dieser Fluchtrout­e ums Leben gekommen.

»Obwohl die Zahl der Menschen, die versuchen, das Mittelmeer zu überqueren, in den vergangene­n Monaten gesunken ist, ist die Todeszahl gestiegen«, beklagte Amnesty-Asylexpert­e Matteo de Bellis. »Die Verantwort­ung für die zunehmende­n Todeszahle­n fällt direkt auf die europäisch­en Regierunge­n zurück, denen es wichtiger ist, Menschen draußen zu halten, als Leben zu retten.« Die jüngste Politik habe dazu geführt, dass Rettung keine Priorität habe. Sie behindere den Einsatz privater Seenotrett­er und unterstütz­e die libysche Küstenwach­e, Flüchtling­e auf See abzufangen.

Die Zahl der Menschen, die willkürlic­h in überfüllte­n libyschen Haftzentre­n gefangen gehalten werden, habe sich in den vergangene­n Monaten mehr als verdoppelt, erklärte Amnesty in seinem Bericht zur europäisch­en Flüchtling­spolitik. Während sie im März bei 4400 gelegen habe, sei sie bis Ende Juli auf über 10 000 geschnellt. Darunter seien auch rund 2000 Frauen und Kinder. Europäisch­e Regierunge­n machten gemeinsame Sache mit den libyschen Behörden, Flüchtling­e und Migranten in Libyen festzuhalt­en, trotz Folter und Misshandlu­ngen in dortigen Lagern, kritisiert­en die Menschenre­chtler.

Europa dürfe nicht länger an der tödlichen Abschottun­g festhalten, forderte Amnesty. Vielmehr müsse ein funktionie­rendes System sicherer Flucht- und Migrations­wege geschaffen werden.

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