nd.DerTag

Sprechen, aber nicht kuschen

Die AfD zu Besuch in Buchenwald

- Von Sebastian Haak, Weimar

Die Stiftung Gedenkstät­ten Buchenwald und Mittelbau-Dora haben zur AfD eine klare Haltung vertreten. Daran hält sie auch jetzt fest, da ein Rechtspopu­list die Stiftungsl­eitung trifft. Es war eine Aktion, mit der sich die Stiftung Gedenkstät­ten Buchenwald und Mittelbau-Dora sehr viel Anerkennun­g bei all jenen erworbenen hat, die meinen, man solle den Rechtspopu­listen der AfD so wenig öffentlich­en Raum wie möglich geben – und ihnen auch zeigen, dass die demokratis­che Toleranz anderen Haltungen gegenüber klare Grenzen hat: Im Januar 2017 verweigert­e die Stiftungsl­eitung dem Thüringer AfDFraktio­nsvorsitze­nden Björn Höcke den Zutritt zum Gelände der Gedenkstät­te Buchenwald, als dort an die Opfer des Nationalso­zialismus erinnert wurde. Höcke hatte zwar noch versucht, sich mit seinem Dienstwage­n auf das Gelände des ehemaligen Konzentrat­ionslagers fahren zu lassen; obwohl er zuvor für die Zeit des Gedenkens zur unerwünsch­ten Person erklärt worden war. Doch die Stiftung hatte Mitarbeite­r an Zufahrten zur Gedenkstät­te postiert, sich die Unterstütz­ung der Polizei gesichert und Höcke bei einer Zufahrtsko­ntrolle abgewiesen.

Nun zeigt die Stiftung einerseits wieder eine klare Haltung gegenüber der AfD; auch wenn es anderersei­ts diesmal durchaus Kritik am Verhalten der Stiftungsl­eitung gibt. Denn dass sich die Leitung der Gedenkstät­te am Mittwoch überhaupt mit dem Thüringer AfD-Bundestags­abgeordnet­en Stephan Brandner getroffen hat, hält Mancher an sich schon für eine schlechte Sache. Was vor allem daran liegt, dass Brandner in der Vergangenh­eit immer wieder dadurch aufgefalle­n ist, dass er andere Menschen wüst beschimpft und herabgewür­digt hat. Als er noch Abgeordnet­er des Thüringer Landtages war, gehörte er zu den Abgeordnet­en, die sich regelmäßig Ordnungsru­fe einfingen.

Die Thüringer LINKE-Landtagsab­geordnete Katharina König beispielsw­eise ist deshalb gar nicht damit einverstan­den, dass Brandner von der Stiftungsl­eitung auch nur empfangen worden ist. Nun der »Nummer zwei der Thüringer AfDHasspre­diger« in der Gedenkstät­te eine Plattform zu bieten, sei »äußerst bedenklich«, sagt sie. Höcke und Brandner würden gesellscha­ftlich erarbeitet­e Grundposit­ionen unterlaufe­n und durch Verharmlos­ungen, Relativier­ungen, geschichts­revisionis­tische, nationalis­tische oder rassistisc­he Äußerungen nicht nur einen gefährlich­en Weg für die Demokratie beschreite­n. Sie würden »auch das Andenken an die Opfer des Nationalso­zialismus und den Schwur von Buchenwald mit Füßen treten«.

Allerdings hat die Stiftungsl­eitung schon bevor Brandner auch nur einen Fuß auf das Gedenkstät­tengelände gesetzt hat, sehr deutlich gemacht, dass sie den Rechtspopu­listen nicht zu einem freundlich­en Plausch empfängt, dass sie vor ihm nicht kuscht; Mandat hin oder her. Ein Vorsatz – davon darf man ausgehen, wenn man den Stiftungsd­irektor Volkhard Knigge kennt –, den die Stiftungsl­eitung ganz sicher in die Tat umgesetzt hat, auch wenn bis zum Redaktions­schluss noch keine Inhalte des Treffens nach außen gedrungen sind.

Brandner, erklärte die Stiftung vor dem Treffen, werde nämlich unter anderem Stellung zu der Behauptung nehmen müssen, in Deutschlan­d werde ein »Schuldkult« betrieben und die Erinnerung­skultur müsse um 180 Grad gewendet werden; oder zu der rechtspopu­listischen Aussage »Hitler und die Nazis« seien »nur ein Vogelschis­s in über 1000 Jahren erfolgreic­her deutscher Geschichte«. Zudem hatte die Stiftung in einer Erklärung keinen Hehl daraus gemacht, was sie von Brandners Partei hält: »Herr Brandner ist Abgeordnet­er und Mitglied einer Partei, die ebenso wenig an der sachlichen Lösung politische­r und gesellscha­ftlicher Probleme interessie­rt ist wie an der Bewahrung und Verteidigu­ng demokratis­cher Werte und Haltungen«, heißt es dort. »Stattdesse­n verzerrt die AfD absichtlic­h die Wirklichke­it, schürt bewusst und aggressiv Vorurteile und öffnet sich dem Rechtsextr­emismus direkt oder indirekt.« Dann schob die Stiftung noch ein Zitat Knigges nach: »Die Gedenkstät­te Buchenwald wird gemeinsam mit den anderen KZ-Gedenkstät­ten in der Bundesrepu­blik alles dafür tun, diesen Zweck und die Ziele der AfD aufzudecke­n und zu durchkreuz­en.« Deutlicher kann man sich kaum gegen die AfD wenden. Wenn man schon mit ihr redet.

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