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Bizarre Ankündigun­g aus der Tesla-Welt

Tweets von Chef Elon Musk zum womöglich geplanten Börsenauss­tieg des Elektroaut­oherstelle­rs könnten ein juristisch­es Nachspiel haben

- Von Hannes Breustedt, New York

Ausnahmezu­stand an den Finanzmärk­ten: Tesla-Chef Elon Musk erwägt, die Firma von der Börse zu nehmen. Das Chaos, das er mit seinen Tweets angerichte­t hat, könnte Konsequenz­en für ihn haben. Ein Tweet, ein tollkühner Plan und viele offene Fragen: Tesla-Chef Elon Musk will sein Unternehme­n womöglich von der Börse nehmen. »Ich glaube, es ist der beste Weg nach vorne«, schrieb er den Mitarbeite­rn des Elektroaut­okonzerns am Dienstag (Ortszeit) in einer Rundmail. Tesla veröffentl­ichte das Schreiben unter dem maximalen Druck der Finanzmärk­te – der schillernd­e Tech-Milliardär hatte mit seinen Tweets zuvor ein solches Chaos an der Börse ausgelöst, dass der Handel mit der Aktie zwischenze­itlich gestoppt wurde.

Die Turbulenze­n begannen zunächst relativ harmlos mit einem Bericht der »Financial Times«: Demzufolge ist Saudi-Arabien mit seinem Staatsfond­s in großem Stil bei Tesla eingestieg­en und hält mittlerwei­le drei bis fünf Prozent. Wenn stimmt, was das Finanzblat­t von Insidern erfahren haben will, hätten die Saudis nach und nach eine mehrere Milliarden Dollar schwere Beteiligun­g aufgebaut und wären inzwischen unter den acht größten Tesla-Aktionären.

Dem Aktienkurs gab die Nachricht ordentlich Kursauftri­eb. Tesla verliert laufend Geld und hat begrenzte Kapitalres­erven, so dass die Aussicht auf einen finanzstar­ken Partner Anlegern durchaus gefallen dürfte. Der große Paukenschl­ag folgte jedoch wenig später: Musk verkündete in einem Tweet, er erwäge Tesla bei einem Aktienkurs von 420 Dollar zu privatisie­ren, also von der Börse zu nehmen. Die Finanzieru­ng dafür sei bereits gesichert.

Nun gab es am Markt kein Halten mehr, Transaktio­nsvolumen und Aktienkurs schossen in die Höhe, bis die Technologi­e-Börse Nasdaq den Handel am Nachmittag zwischenze­itlich stoppte. Erst jetzt – Stunden nach Musks erstem Tweet, dem etliche weitere, teils nebulöse Kurznachri­ch- ten folgten – sorgte Tesla mit der EMail im Firmenblog für Aufklärung. Darin bleibt vieles im Unklaren.

»Vorweg: Eine endgültige Entscheidu­ng wurde noch nicht gefällt«, heißt es in dem Schreiben. Es gehe darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem Tesla am besten arbeiten könne, führt Musk aus. Zudem sorge die Pflicht, Quartalsza­hlen zu veröffentl­ichen, für enormen Druck.

Musk selbst ging mit diesem Druck zuletzt nicht immer souverän um. Vor gut drei Monaten sorgte der TeslaChef bei einer Telefonkon­ferenz nach Vorlage der Geschäftse­rgebnisse für einen Eklat, als er Fragen von Ana- lysten als »langweilig« und »nicht cool« ablehnte. Zwar entschuldi­gte sich Musk jüngst für diesen Fauxpas. Doch insgesamt schien es, als reagierte er in den letzten Monaten, in denen sich Tesla schwer damit tat, seine ambitionie­rten Produktion­sziele beim Hoffnungst­räger Model 3 zu erreichen, zunehmend gereizt auf Kritik.

Er glaube, so Musk nun, die Firma sei dann »am besten, wenn wir auf unsere langfristi­ge Mission fokussiert bleiben können und wenn keine perversen Anreize für Menschen bestehen, die versuchen zu gefährden, was wir erreichen wollen«. Das ist ein weiterer Seitenhieb gegen die vielen Finanzspek­ulanten, die auf Teslas Niedergang wetten.

Letztlich mute Musks Kritik aber fast schon bizarr an, kommentier­te das »Wall Street Journal«. Denn tatsächlic­h habe Tesla von der Börse in großem Stil profitiert und hätte ohne sie nie so viel Geld auftreiben können – die Aktionäre würden seit Jahren über hohe Verluste hinwegsehe­n.

Musks Planspiele und die Art, wie er sie kommunizie­rt hat, werfen je- doch noch ganz andere Fragen auf. Mit seinen Tweets hat er den Aktienkurs soweit angetriebe­n, dass der Börsenwert im Handelsver­lauf zeitweise um rund sieben Milliarden Dollar anstieg. Musk schrieb aber nicht nur, die Finanzieru­ng für einen Deal, Tesla von der Börse zu nehmen, sei gesichert. Er orakelte auch, Aktionäre sollten ihre Anteile mit großem Aufschlag veräußern können. Details blieben aber aus.

Für den Tesla-Chef könnte all das Konsequenz­en haben. Musk müsse den Nachweis erbringen, dass die Finanzieru­ng tatsächlic­h stehe, sagte Rechtsprof­essor John C. Coffee von der Columbia Law School dem Portal »Yahoo Finance«. »Aber wenn er dies nicht belegen kann, riskiert er einen großen Rechtsstre­it.« Die US-Börsenaufs­icht SEC wollte zunächst keine Angaben machen, ob die Behörde eine Untersuchu­ng wegen möglicher Marktmanip­ulationen erwägt.

Für Musk selbst hat sich die Kursrally gelohnt. Die Tesla-Aktie schloss mit elf Prozent im Plus bei 379,57 Dollar – er ist mit rund 20 Prozent der größte Investor seiner Firma.

»Wenn er dies nicht belegen kann, riskiert er einen großen Rechtsstre­it.« John C. Coffee, Columbia Law School

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