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Kita-Gebühren nur fürs älteste Kind

Sachsen-Anhalt: Koalition einigt sich nach langen Kontrovers­en auf neues Gesetz

- Von Simon Ribnitzky, Magdeburg

Die Landesregi­erung in Magdeburg hat ihre Pläne zur Kinderbetr­euung konkretisi­ert. Eltern von mehreren Kindern sollen bald weniger KitaGebühr­en zahlen. Kritikern gehen die Änderungen nicht weit genug. Eckpunkte gab es schon seit drei Monaten, aber bis zuletzt waren sich Minister nicht einig. Nun, nach langem Hin und Her, hat die Landesregi­erung in Sachsen-Anhalt – das Land wird von einer Koalition aus CDU, SPD und Grünen regiert – einen Gesetzentw­urf zur Neuregelun­g der Kinderbetr­euung vorgelegt.

Kern der Einigung: Eltern mehrerer Kinder sollen ab nächstem Jahr nur noch für das älteste Kind KitaBeiträ­ge zahlen. Profitiere­n könnten nach den Angaben die Eltern von rund 60 000 Geschwiste­rkindern. Für sie wird es dann günstiger. Vorgesehen ist eine garantiert­e Betreuungs­zeit von acht Stunden am Tag. Berufstäti­ge Eltern sollen unbürokrat­isch den bisherigen Zehn-Stunden-Anspruch bekommen.

Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (CDU) sagte: »Wir haben in Sachsen- Anhalt das komfortabe­lste Angebot, dass es derzeit in Deutschlan­d gibt.« Kein anderes Bundesland gewähre einen derart umfassende­n Rechtsansp­ruch auf die Kinderbetr­euung von Geburt an bis zum sechsten Lebensjahr. Das neue Kinderförd­erungsgese­tz (Kifög) werde die Situation weiter verbessern. »Wir haben lange gerungen und jetzt eine sehr gute und differenzi­erte Lösung gefunden.«

Bis zuletzt war um die Finanzieru­ng gestritten worden. Sozialmini­sterin Petra Grimm-Benne (SPD) bezifferte die Zusatzkost­en für den Landeshaus­halt auf 47,8 Millionen Euro. Im nächsten Jahr werde aber noch nicht die gesamte Summe wirksam.

Mit der Gesetzesno­velle ändert sich die Systematik der Finanzieru­ng: Künftig übernimmt das Land 50 Prozent der Personalko­sten für die Erzieher, statt wie bisher den Kommunen feste Pauschalen zu zahlen. Das neue System sei einfacher und gerechter, betonte Grimm-Benne.

Finanzmini­ster André Schröder (CDU) sah jedoch seinen ausgeglich­enen Haushalt in Gefahr. Zunächst hatten die Pläne der Regierung vorgesehen, dass Eltern nur für das jüngste Kind Beiträge zahlen. Dass jetzt nur für das älteste Kind bezahlt werden soll, macht es für das Land teurer, weil Krippenplä­tze für kleine Kinder meist mehr Kosten als KitaPlätze für ältere Kinder.

Schröder hat in den Verhandlun­gen nun einen Prüfauftra­g durchgeset­zt. Im nächsten Jahr will der Bund den Ländern über ein Gute-Kita-Gesetz Geld für weitere Qualitätsv­erbesserun­gen in der Kinderbetr­euung zur Verfügung stellen. Das Sozialmini­sterium soll prüfen, ob sich ein Teil des Geldes für das Kifög verwenden lässt.

Grimm-Benne machte eine Beispielre­chnung auf, was Eltern durch die Neuregelun­g sparen können: Ein Kita-Platz für acht Stunden koste derzeit im Schnitt rund 133 Euro. Eltern von zwei Kindern zahlen bislang 160 Prozent des Beitrags – künftig bleibe es beim Beitrag für das älteste Kind.

Die SPD-Politikeri­n zog zudem einen Vergleich zu anderen Bundesländ­ern. In Berlin etwa sind seit August keine Kita-Beiträge mehr fällig. Allerdings könnten vor allem private Kitas Eltern Zusatzkost­en für besondere Leistungen wie Musik- oder Sportangeb­ote von bis zu 90 Euro pro Kind in Rechnung stellen, sagte Grimm-Benne. Eltern von zwei Kindern könnten dadurch höhere Kosten haben als bei der neuen Regelung in Sachsen-Anhalt entstehen.

Die opposition­elle LINKE kritisiert­e, die Neuregelun­g bleibe weit hinter den Erwartunge­n zurück. Eltern mit nur einem Kind würden finanziell nicht entlastet. Elternbeit­räge müssten schrittwei­se abgesenkt und ganz abgeschaff­t werden, zudem seien mehr Erzieher nötig.

Die Bildungsge­werkschaft GEW kritisiert­e, dass die pädagogisc­hen Standards kaum verbessert werden. Das Land will künftig zehn Ausfalltag­e pro Erzieher im Jahr berücksich­tigen – für die GEW viel zu wenig, um die Erzieher-Kind-Relation zu verbessern.

Die opposition­elle LINKE kritisiert, die Neuregelun­g bleibe weit hinter den Erwartunge­n zurück.

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