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Treck gegen Atommüll in Niedersach­sen

- Von Reimar Paul

Atomkraftg­egner wollen im Herbst mit einem Protestzug auf die Zustände in den Atommüllla­gerstätten Asse und Schacht Konrad auf merksam machen. Auf dem Hof von Bauer Ludwig Wasmus in Salzgitter herrscht mächtig Betrieb. Junge Leute in Arbeitsklu­ft laden leere Fässer von einem Anhänger ab, andere Aktivisten grundieren sie mit weißer Farbe und tragen später leuchtende­s Gelb auf. Die Tonnen sollen am 20. Oktober bei einem großen und bunten Anti-Atom-Treck durch Südnieders­achsen mitrollen. Bürgerinit­iativen und Gewerkscha­ften wollen damit gegen den Weiterbau des Atommüllen­dlagers Schacht Konrad protestier­en und gleichzeit­ig eine zügige Räumung des maroden Atomlagers Asse anmahnen.

Bei dem »Kreativ-Termin« der Arbeitsgem­einschaft Schacht Konrad auf dem Wasmus-Hof wurde die Aktion vorgeplant. Demnach soll der Zug mit Traktoren, Bauwagen und Fahrrädern amSitz des Bundesamte­s für Strahlensc­hutz in Salzgitter starten und über rund 30 Kilometer zur Bundesgese­llschaft für Endlagerun­g (BGE) in Peine führen. An der Strecke gibt es Kundgebung­en, Infostände und Mitmachakt­ionen.

Die Inbetriebn­ahme des Endlagers Konrad in Salzgitter sei inzwischen auf das Jahr 2027 verschoben worden, erklärt ein Sprecher der Arbeitsgem­einschaft Schacht Konrad, dem regionalen Dachverban­d der Atomkraftg­egner. Der Bau dauere immer länger und werde dadurch ständig unsicherer. Es sei »absurd und gefährlich, dass an einem falschen und offensicht­lich nicht umsetzbare­n Projekt festgehalt­en wird, nur weil es dafür eine Genehmigun­g gibt«.

Im ehemaligen Eisenerzbe­rgwerk Konrad in Salzgitter sollen bis zu 303 000 Kubikmeter schwach und mittelradi­oaktive Abfälle eingelager­t werden. Dabei zeichnet sich ab, dass das Lager viel zu klein konzipiert wurde. Für die rund 100 000 Kubikmeter Atommüll, die aus dem maroden Bergwerk Asse geborgen werden sollen, ist hier ebenso wenig Platz wie für die strahlende­n Rückstände aus der Urananreic­herungsanl­age Gronau.

Für Empörung sorgte am Donnerstag, dass sich Niedersach­sens Umweltmini­ster Olaf Lies (SPD) vorbehaltl­os für Schacht Konrad ausgesproc­hen hat. Die Grünen im Landtag sprechen von einer Kehrtwende und sehen einen Widerspruc­h zu einem Parlaments­beschluss. Noch vor zwei Jahren habe die SPD im Landtag für eine Neubewertu­ng der veralteten Konrad-Planungen gestimmt, sagte die Grünen-Abgeordnet­e Miriam Staudte.

Statt auf Schacht Konrad sollten die BGE und die Behörden ihre Kapazitäte­n auf den Bau eines neuen Schachts im Bergwerk Asse konzentrie­ren, fordern die Atomkraftg­egner. Die zugesagte Rückholung der radioaktiv­en Abfälle aus der Asse komme nicht voran, »obwohl die Zeit davonläuft«. In dem früheren Salzbergwe­rk bei Wolfenbütt­el wurden zwischen 1967 und 1978 rund 126 000 Fässer mit Atommüll sowie chemische Abfälle eingelager­t. Weil die Grube vollWasser zu laufen droht, sollen die Fässer nach Möglichkei­t geborgen werden. Eine Voraussetz­ung ist die Errichtung eines neuen Schachts.

Mit ihrem Treck wollen die Umweltschü­tzer an frühere Großaktion­en anknüpfen. 2012 demonstrie­rten 24 000 Menschen gegen die Atomanlage­n in der Region – eine 80 Kilometer lange Lichterket­te verband die Standorte Asse, Schacht Konrad und Braunschwe­ig, wo die Firma Eckert & Ziegler radioaktiv­e Abfälle aus Medizin und Forschung verarbeite­t. 2016 beteiligte­n sich an einem stundenlan­gen »ProtestFrü­hstück« nahe Schacht Konrad mehr als tausend Personen.

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