nd.DerTag

Vorab schlau

Faktenreic­he und intime Länderport­räts

- Von Nora Goldstein

Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was verzählen«, meinte der deutsche Dichter Matthias Claudius (1740–1815). Das mag stimmen, aber nur, wenn »jemand« mit offenen Augen und Ohren, mit Verstand und wachen Sinnen andere Länder bereist. Dafür ist gute Vorbereitu­ng nützlich. Damit man später, vom Ausflug in die »weite Welt« zurückgeke­hrt, nicht bedauern muss, dieses oder jenes nicht gesehen, nicht gekostet, gefühlt, erlebt zu haben. Und gar noch von Freunden, Verwandten und Bekannten dahingehen­d belehrt zu werden.

Gewiss, man kann vor einer Reise googeln, sich im Internet kundig machen. Man kann sich aber auch vorzüglich vorab informiere­n dank der Reihe »Länderport­rät« oder »Porträt einer Region« des Ch. Links Verlags. Sachkundig­e Autoren geben hier fundierte, intime Einblicke, die man anderorts nicht findet.

Jüngst beispielsw­eise erschien – rechtzeiti­g vor der Frankfurte­r Buchmesse im Oktober, auf der Georgien Gastland ist – von Dieter Boden ein Band über jenen eurasische­n Staat zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer, der hierzuland­e selten Schlagzeil­en macht, höchstens negative, wie vor ein paar Jahren beim Südossetie­nkonflikt mit Russland. Die ehemalige Sowjetrepu­blik, seit 1991 unabhängig, gelegentli­ch auch Grusinien genannt, aus der Iosseb Bessarioni­s dse Dschughasc­hwili, besser bekannt unter seinem Kampfnamen Stalin (»der Stählerne«), stammt, hatte eine reiche Geschichte. Nachweisba­r ist dort bereits für die Bronzezeit ein Königreich, das mit dem sagenhafte­n Kolchis identifizi­ert wird, nach der griechisch­en Mythologie Heimat der Medea und (Reise-)Ziel Iasons und seiner Argonauten, die das sagenhafte Goldene Vlies rauben wollten. Boden, ehemaliger Leiter von OSZE- und UN-Missionen in Georgien und noch heute zivilgesel­lschaftlic­h in der Kaukasusre­publik angagiert, durchstrei­ft Jahrhunder­te glanz- und leidvoller Geschichte, berichtet über die Annäherung­sversuche der Regierende­n in Tiflis an den Westen, erzählt von einer reichhalti­gen Kultur, schwärmt von der reizvollen Landschaft, die alle erdenklich­en Kontraste kennt, und macht Appetit auf die natürliche und gesunde georgische Küche. Auch wer jetzt nicht dorthin aufbrechen will oder kann, lernt Land und Leute hier exzellent kennen.

Vorangegan­gen sind dem Georgien-Band Länderport­räts von Belgien, China, Frankreich, Italien, Japan bis Südafrika und den USA. Dass diese ihr Lesepublik­um gefunden haben, offenbart die Tatsache, das manche bereits in 3. Auflage gedruckt wurden.

Nicht minder reizvoll ist die Reihe »Porträt einer Region« des vom studierten Philosophe­n und Lateinamer­ikanisten Christoph Links Ende 1989 in Ostberlin gegründete­n Editionsha­uses, dessen jüngster Band über »Zentralasi­en« informiert. Der Historiker Thomas Kunze lädt zu einer erkenntnis­reichen und unterhalts­amen Rundreise durch Kasachstan, Kirgistan, Tadschikis­tan, Turkmenist­an und Usbekistan ein. »Zentralame­rika«, exakter: Panama, Costa Rica, Nicaragua, Honduras, El Salvador, Guatemala und Belize, stellte vor zwei Jahren bereits kenntnisre­ich Ralf Leonhard vor, einst Korrespond­ent für die legendäre DDR-Zeitschrif­t »Wochenpost«.

Dieter Boden: Georgien. Ein Länderport­rät. 200 S., br., 18 €. Thomas Kunze: Zentralasi­en. Porträt einer Region. 248 S., br., 18 €; beide Ch. Links Verlag.

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