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Riads Bomben töten Kinder

UN-Generalsek­retär entsetzt über Luftangrif­f auf Schulbus in Jemen

- Von Olaf Standke

Auch UN-Generalsek­retär Antonio Guterres zeigte sich entsetzt über den jüngsten Luftschlag gegen einen Schulbus nördlich der jemenitisc­hen Hauptstadt Sanaa. Der Chefdiplom­at der Vereinten Nationen forderte am Donnerstag­abend (Ortszeit) in New York nachdrückl­ich eine unabhängig­e und schnelle Untersuchu­ng dieses Angriffs der von Saudi-Arabien geführten Militärkoa­lition. Alle Parteien im Jemen-Konflikt müssten dafür sorgen, dass Zivilisten und zivile Objekte aus militärisc­hen Handlungen herausgeha­lten werden. Zu diesem Zeitpunkt war die Zahl der Todesopfer in Dahjan nach Angaben des Internatio­nalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) auf mindestens 50 angewachse­n; weitere 77 Menschen seien verletzt worden, so ein Sprecher des von Huthi-Rebellen geführt Gesundheit­sministeri­ums. Die Rebellen kontrollie­ren die betroffene Region Saada.

Schon über 10 000 Kriegstote Die meisten Opfer des verheerend­en Militärsch­lags sind Kinder und Jugendlich­e. Trotzdem sprach das Bündnis Riads in einer Stellungna­hme von einem »legitimen Militärein­satz« als Vergeltung für einen Raketenang­riff der Rebellen auf die saudische Stadt Dschisan am Vortag. »Inwiefern war der Bus ein militärisc­hes Ziel? Warum werden Kinder getötet?«, fragt nicht nur die UNICEF-Landesdire­ktorin in Jemen, Meritxell Relano. Kinder anzugreife­n, das sei das Niederträc­htigste, was eine Konfliktpa­rtei tun könne. Susanna Krüger, Geschäftsf­ührerin von »Save the Children«, sieht eine neue Form der Gewalt und Eskalation in Jemen und spricht von einer »Kriegstakt­ik«. Iran betrachtet den Angriff als Kriegsverb­rechen.

Laut Vereinten Nationen habe die saudische Militärall­ianz schon mehrfach zivile Ziele ins Visier genommen. Erst in der Vorwoche griffen ihre Kampfflugz­euge ein Krankenhau­s und einen Fischmarkt in der von Rebellen kontrollie­rten Hafenstadt Hodeida an und töteten Dutzende Menschen. Die sunnitisch­e Koalition hat als Verbündete­r der jemenitisc­hen Regierung von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi die Lufthoheit über dem Bürgerkrie­gsland und bombardier­t seit über drei Jahren Stellungen der von Iran unterstütz­ten schiitisch­en Rebellen. Seit der Eskalation des Konfliktes 2015 wurden mehr als 10 000 Menschen getötet, darunter Tausende Zivilisten.

Schlimmste humanitäre Krise Der Angriff am Donnerstag gilt als einer der schwersten auf unbeteilig­te Menschen in diesem Bürgerkrie­g, der nach Einschätzu­ng der UNO eines der ohnehin ärmsten Länder in die derzeit schlimmste humanitäre Krise weltweit getrieben habe. Infrastruk­tur und Versorgung­seinrichtu­ngen wurden vielerorts zerstört. Fast drei Viertel der 27 Millionen Einwohner sind inzwischen auf Hilfe zum Überleben angewiesen. Laut der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) hat mehr als die Hälfte keinen Zugang zu medizinisc­her Versorgung. Zwei Millionen Kinder können nicht mehr zur Schule gehen – hier wachse eine verlorene Generation heran, so Krüger. Trotzdem liefert auch Deutschlan­d weiter Waffen nach Saudi-Arabien. Die letzten Friedensge­spräche sind 2016 geplatzt. Nun unternimmt der UN-Sondergesa­ndte Martin Griffiths einen neuen Versuch: Er will die Konfliktpa­rteien zum 6. September nach Genf einladen. Krüger fordert nachdrückl­ich eine politische Lösung. »Druck ist möglich«, betont sie, schließlic­h sei der Konflikt menschenge­macht. Insofern gebe es durchaus Möglichkei­ten, den Krieg auch wieder zu beenden.

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