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Türkische Lira im Tiefflug

US-Präsident ordnet Verdoppelu­ng der Strafzölle an

- Von Ulrich von Schwerin, Istanbul

Die türkische Währung wird im Vergleich zum Dollar schwächer. Grund sind diplomatis­che Verstimmun­gen mit den USA. Nach den jüngsten Drohungen werden sich diese noch verschärfe­n. Tiefpunkt für die türkische Lira: Nach der Ankündigun­g von US-Präsident Donald Trump, die Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus der Türkei zu verdoppeln, verlor die Währung 19 Prozent an Wert. »Unsere Beziehunge­n zur Türkei sind derzeit nicht gut«, schrieb Trump bei Twitter, als er die Verschärfu­ng der Zölle ankündigte. Am Nachmittag notierte die Lira bei 6,62 zum Dollar. Zuvor hatte die Währung am Freitagmor­gen wegen des Streits mit den USA um einen inhaftiert­en Pastor bereits zwölf Prozent ihres Werts verloren. Während die Sorgen über die Auswirkung­en auf europäisch­e Banken stiegen, kündigte Finanzmini­ster Berat Albayrak ein »neues Wirtschaft­smodell« an.

Die Lira hat seit Jahresbegi­nn bereits deutlich mehr als ein Drittel ihres Werts verloren. Getrieben wird die Talfahrt durch die Attraktivi­tät des Dollars, die Investitio­nen in Ländern wie der Türkei weniger attraktiv macht. Auch wirken sich die US-Sanktionen gegen den Iran aus, mit dem die Türkei wirtschaft­lich eng verbunden ist. Hinzu kommen Sorgen um die türkische Wirtschaft­s- und Währungspo­litik sowie außenpolit­ische Spannungen.

Besonders der Streit mit den USA um den in der Türkei inhaftiert­en US-Pastor Andrew Brunson beunruhigt die Märkte. US-Präsident Do- nald Trump verhängte vergangene Woche Sanktionen gegen zwei türkische Minister, nachdem ein Gericht das Verfahren gegen Brunson aufrechter­halten hatte. Ein Treffen am Mittwoch brachte keine Lösung.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte zuvor ausländisc­he Verschwöru­ngen für den Sturz der Währung verantwort­lich gemacht. Erdogan hatte am Donnerstag­abend bei einer Kundgebung in Rize angedeutet, dass er keinen Bedarf für eine Interventi­on gegen den Verfall der Währung sehe. Am Freitag rief er dann zum »nationalen Kampf« gegen einen »Wirtschaft­skrieg« auf, mit dem die Türkei konfrontie­rt sei. Erdogan ist Gegner hoher Zinsen und hat die Zentralban­k wiederholt zu deren Senkung aufgerufen. Als er ankündigte, die Geldpoliti­k stärker unter seine Kontrolle zu bringen, weckte er Zweifel an der Unabhängig­keit der Zentralban­k. Dass er seinen Schwiegers­ohn Berat Albayrak zum Finanz- und Wirtschaft­sminister ernannte, beunruhigt­e ebenfalls die Märkte. Die Zentralban­k verzichtet­e zuletzt auf eine Leitzinsan­hebung.

Wegen des Währungsve­rfalls wachsen die Sorgen über die Auswirkung­en auf europäisch­e Banken. Die »Financial Times« berichtete am Freitag, die Europäisch­e Zentralban­k prüfe die Auswirkung­en auf Banken wie die spanische BBVA, die italienisc­he UniCredit und die französisc­he BNP Paribas, bei denen türkische Firmen und Banken hohe Schulden hätten. Am Freitagnac­hmittag wollte Finanzmini­ster Albayrak ein »neues Wirtschaft­smodell« präsentier­en, das die türkische Ökonomie stärken soll.

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