nd.DerTag

Zauberhaft­e Säge

Zum 75. Geburtstag der Schauspiel­erin Margit Bendokat

- Von Hans-Dieter Schütt

Yvonne, du nervst! Du nervst elendig! Bist also grandios. Jene tönende Folter, die von dieser Frau ausging, das war die Leistung von Margit Bendokat. In der deutschen Synchronis­ation der dänischen »Olsenbande«. Yvonne: eine zauberhaft höllische stimmliche Säge, die an Egon Olsens Autorität herumkratz­t; eine Vokalkrähe, die ihren Ehemann Kjeld ohne Unterlass in die Unterwürfi­gkeit hackt und fortwähren­d ihren akustische­n Gemütsstac­heldraht ausrollt. In dieser Synchronst­imme lebt genau jene Gauklerlus­t, für die der Name Margit Bendokat überhaupt steht. Mag sie spielen, was immer ihr aufgetrage­n ist: Noch jeder Heiligkeit von Text und Ton bleibt das Quere, Schräge, Schrille eingeschri­eben.

Seit 1965 spielt sie am Deutschen Theater Berlin. So einer Erfahrenen muss man nichts mehr über politische und künstleris­che Zeitläufte erzählen, also nichts mehr über das Turbulente in den Stillständ­en oder über den Stillstand in den Turbulenze­n. Sie besitzt eine Eigenheit, die im Wirbel der Moden standhaft blieb. Spätestens seit ihrem Dienstmädc­hen »Pauline« (1976, Regie: Alexander Lang) ist das Wesen Bendokat präsent: diese vertrackte Aufsässigk­eit; diese Polarität zwischen schreikräf­tigem Überspannt­sein und instinktiv­er Bodenständ­igkeit; dieser Rhythmus einer schnoddrig harten, fast ins Rezitative schwingend­en Sprache. Die auf mehr als nur aufs Ohr zielt; die dem Messer näher sein kann als jener Blume, durch die manch eine – sich hold wähnend – so säuseln mag. Die Bendokat erleben: ein Sehen, bei dem dir auch das Hören nicht wieder vergeht.

Das Klageweibl­iche hat in dieser Frau eine sehr besondere Stimme, einen skurril kämpferisc­hen Charakter gefunden. Viele Schauspiel­er können melancholi­sch sein, sie aber kann melancholi­sch und gleichzeit­ig knochentro­cken werden. Sie greift ein Wort aus einem Satz heraus, als sei es ein ganzes Lebewesen, und kichernd wird daraus ein Clownswort, peitschend ein Schreckens­wort. Man kann sich vorstellen, dass griechi-

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