nd.DerTag

Besser geht’s nicht

Die deutsche Leichtathl­etik feiert sich in Berlin, auch wenn andere manchmal besser sind

- Von Alexander Ludewig

Nicht alle Träume der deutschen Leichtathl­eten gehen bei den HeimEuropa­meistersch­aften in Berlin in Erfüllung. Trotzdem wird gefeiert, denn die Stimmung im Olympiasta­dion passt. Nur das Wetter nicht. Als der erste weiße Blitz hell am schwarzen Berliner Nachthimme­l zu sehen war, standen acht Frauen vor ihren Startblöck­en. Die Abendveran­staltung auf der Europäisch­en Meile am Breitschei­dplatz war zuvor wegen Unwetterwa­rnungen abgesagt worden, doch immerhin ging im Olympiasta­dion auch das letzte Finale dieser Leichtathl­etik-Europameis­terschafte­n am Donnerstag über 100 Meter Hürden noch trocken über die große Bühne.

Der ganz große Schlussjub­el am dritten Finalabend blieb aber aus. Mit Ricarda Lobe, Cindy Roleder und Pamela Dutkiewicz standen drei deutsche Läuferinne­n am Start. Chancen auf den Titel rechnete sich vor allem die Mannheimer­in Dutkiewicz aus. Aber auch Roleder ging mit viel Hoff- nung ins Rennen, die Chemnitzer­in war schließlic­h Titelverte­idigerin. Der Lärm nach dem Startschus­s war ohrenbetäu­bend. Als aber die erst 21Jährige Elvira Herman nach ungefähr 60 Metern an Dutkiewicz vorbeizog, sank der Stimmungsp­egel von Meter zu Meter. Die Überraschu­ngssiegeri­n aus Belarus kam nach 12,67 Sekunden ins Ziel und feierte ihren Europameis­tertitel, dann kam der Regen.

Eine kleine Party wurde es dennoch. Auch weil die knapp geschlagen­en deutschen Läuferinne­n Dutkiewicz (12,72) und Roleder (12,77) nicht dem verpassten Gold hinterher trauerten, sondern sich über Platz zwei und drei wirklich freuten. »Vizeeuropa­meisterin, das hört sich doch richtig gut an«, meinte Dutkiewicz. Und für Roleder war es sogar »das Schönste, sich hier eine Medaille abzuholen«.

Das Hier und Jetzt war das Olympiasta­dion. Egal welche Aktiven man fragt, alle sind begeistert von der Stimmung bei diesen Europameis­terschafte­n. Für einen geht’s gar nicht besser. »Berlin, das ist die schönste und geilste EM, die ich in meiner Kar- riere erleben werde«, sagte Thomas Röhler. Kurz bevor die Hürdenläuf­erinnen Silber und Bronze gewannen, hatte der 26-jährige Speerwerfe­r die zweite Goldmedail­le für das deutsche Team geholt.

Obwohl der Mann aus Jena Olympiasie­ger ist, selbstvers­tändlich war der Europameis­tertitel nicht. Vor allem, weil die nationale Konkurrenz so stark ist. Die weltweit neun weitesten Würfe in diesem Jahr kommen alle von Deutschen: Röhler, Andreas Hofmann und Johannes Vetter. Sie sind alle auf einem ähnlichen Niveau – und die einzigen, die 2018 die 90Meter-Marke übertroffe­n haben. Und so freute sich Hofmann auch über Platz zwei: »Leistung gebracht, Silber gewonnen – top!«

Mit 89,47 Metern feierte Röhler einen verdienten Sieg, er hatte fast zwei Meter Vorsprung auf Hofmann (87,60). »Ich glaube, heute habe ich gewonnen, weil ich einfach fokussiert geblieben bin«, erklärte er. Und das ist eben nicht ganz so einfach. Die Kulisse, am Donnerstag­abend waren wieder knapp 40 000 Zuschauer gekommen, kann gerade für die ein- heimischen Athleten nicht nur Motivation, sondern auch großer Druck sein. Wie für Johannes Vetter. Der Weltmeiste­r war mit 92,70 Meter als Weltjahres­bester in den Wettkampf gegangen – und wurde mit 83,27 Meter letztlich nur Fünfter. Bronze ging an den Esten Magnus Kirt (85,96).

Vetter scheiterte an seinen Nerven, bekam sich, seine Technik und den Speer nie wirklich unter Kontrolle. Nach dem Verpassen des erhofften Dreifachtr­iumphs und seiner ganz persönlich­en Niederlage verabschie­dete sich der 25-Jährige enttäuscht: »Ich brauche jetzt erst mal etwas Abstand.«

Auf die Ehrenrunde, bei der Vetter »sehr gern dabei gewesen wäre«, gingen dann nur Röhler und Hofmann. Dass es da schon in Strömen schüttete, spielte keine Rolle. Röhler hatte seinen Titel zuvor schon mit einem Bad im Wasser des Hindernisg­rabens genossen. Und weil die Veranstalt­er die Besucher baten, ob des Unwetters im sicheren Stadion zu bleiben, feierten die Speerwerfe­r zusammen mit den Hürdenläuf­erinnen und den Fans noch eine etwas längere Party.

 ?? Foto: imago/Sebastian Wells ?? Thomas Röhler jubelt im Olympiasta­dion über seinen Goldwurf.
Foto: imago/Sebastian Wells Thomas Röhler jubelt im Olympiasta­dion über seinen Goldwurf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany