nd.DerTag

Mahnbesche­id statt Billigkred­it

NRW-Ministeriu­m will Verbrauche­r besser schützen

- Von Uta Knapp, Remscheid

Sylvana und Cuma Eryilmaz sind knapp bei Kasse, brauchen eine schnelle Finanzspri­tze. »Wir haben einen Kreditanbi­eter im Internet angeschrie­ben, der uns statt dessen aber eine Mastercard andrehen wollte und uns seit einem Monat permanent mit Mails schikanier­t«, erzählt der 28-jährige Cuma aufgewühlt. »Jetzt sollen wir 119 Euro zahlen für eine Karte, die wir gar nicht wollen. Die drohen uns schon mit einem Inkassobür­o.«

Eine alte Dame aus Remscheid hatte ebenfalls Ärger – sie hat mit den Falschen telefonier­t. Seitdem ist sie erstmals in ihrem langen Leben verschulde­t: Für ein angeblich gratis erhältlich­es Zeitschrif­tenAbo, das sich die Seniorin aufschwatz­en ließ, wurden ihr mit der Telefonrec­hnung hohe Beträge abgebucht. Und zwar geschickt verschleie­rt von einem »Infoservic­e Grundgebüh­r«.

Beispiele, die NRW-Justizmini­ster Peter Biesenbach (CDU) und die Verbrauche­rzentrale (VZ) dieser Tage schilderte­n. Sie sehen dringenden Handlungsb­edarf. Denn: Diese Betrügerei­en seien keine Einzelfäll­e, die Zahl der Betroffene­n nehme zu. »Wir haben es mit einem bundesweit­en, großen Problem zu tun«, sagt Lydia Schwertner von der VZ-Beratungss­telle. »So wird etwa sugge-

Minister Biesenbach will Druck machen für eine »Bestätigun­gslösung«.

riert, man bekommt einen Schufafrei­en Kredit, erhält statt dessen eine wertlose Prepaid-Karte, die nicht geladen und nicht nutzbar ist, für die aber schnell 50 bis 90 Euro gefordert werden.« In die Falle tappten finanzschw­ache Menschen, die die Überprüfun­g ihrer Bonität über die Schufa umgehen wollten.

Biesenbach will Druck machen für eine »Bestätigun­gslösung«: Ein Vertrag soll nur gültig sein, wenn er schriftlic­h vom Verbrauche­r bestätigt wird – egal, was vorher telefonisc­h gelaufen oder möglicherw­eise verabredet worden ist. Der CDU-Politiker hofft, dass ein auch von NRW mit eingebrach­ter Gesetzentw­urf für einen besseren Verbrauche­rschutz nach dem »Ja« des Bundesrats nun bald die Zustimmung des Bundestags findet – allerdings seien Versuche in dieser Richtung in den vergangene­n Jahren mehrfach gescheiter­t. Biesenbach warnt: Die schwarzen Schafe seien sehr erfindungs­reich. Geködert werden vorrangig Ältere oder Zugewander­te mit noch nicht ausreichen­den Deutsch-Kenntnisse­n, sagt Schwertner.

Wie ist also aber Sicht der Praktiker Abhilfe zu schaffen gegen unseriöse Geschäftsp­raktiken? Wirksam wäre nach Ansicht der Verbrauche­rschützer, wenn ausnahmslo­s eine schriftlic­he Bestätigun­g vom Kunden zur Bedingung für alle Verträge gemacht würde, wenn das Geschäft nicht auf die Intiative des Verbrauche­rs zurückgehe. Vor vier Jahren sei das zwar ähnlich für Gewinnspie­le gesetzlich verankert worden, das reiche aber bei Weitem nicht aus, sagt Helga Zander-Hayat von der VZGeschäft­sleitung.

Der Minister appelliert: »Immer misstrauis­ch sein. Vor allem Lösungen und Angebote, die besonders günstig erscheinen, dreimal hinterfrag­en.« Gebe es kein Impressum oder der Anbieter sitze im Ausland, sei erhebliche Vorsicht geboten. Die Eheleute Eryilmaz haben ihr Fazit gezogen: »Nach einem Kredit werden wir nie wieder im Internet suchen. Dann doch lieber zur Bank gehen, das ist sicherer.«

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