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Niedrigwas­ser als Argument für Brückenbau

Niedersach­sen: Die Elbfähre bei Neu Darchau liegt seit etlichen Tagen wegen Trockenhei­t am Ufer fest

- Von Hagen Jung

Weil die Elbe zurzeit extrem wenig Wasser führt, steht die Fähre im niedersäch­sischen Neu Darchau still. Der Ruf nach einer Brücke dort ist wieder lauter geworden. Doch zum Bau des Überwegs fehlt das Geld. Eine gehörige Portion Euphorie angesichts der Grenzöffnu­ng am 9. November 1989 mag mit dazu beigetrage­n haben, dass schon drei Tage später die ersten Weichen für den Bau einer neuen Elbbrücke zwischen Dömitz in Mecklenbur­g und Niedersach­sen gestellt wurden. Ruck, zuck waren sich DDR und BRD einig: Der 1945 zerbombte Überweg wird ersetzt, und rasch bewilligte die Bundesregi­erung das Geld dafür. Schon im Dezember 1992 war die Brücke fertig, rund 50 Millionen D-Mark hatte sie gekostet.

Von einer Elbquerung, die so problemlos realisiert wird wie das Bauwerk bei Dömitz, können die Befürworte­r einer Brücke im gut 30 Kilometer weiter elbabwärts gelegenen Darchau und in Neu Darchau am Ufer gegenüber nur träumen. Ihr seit Jahren wegen mangelnden Geldes vergeblich gehegter Wunsch nach einem Überweg wird dieser Tage wieder nachdrückl­icher vorgebrach­t, liegt doch die Fähre »Tanja« am Ufer fest, weil der Fluss nahezu ausgetrock­net ist.

Hoffnung darauf, dass ihr Wunsch doch noch erfüllt wird, hat Niedersach­sens Wirtschaft­sminister Bernd Althusmann (CDU) den Brückenfre­unden unlängst gemacht. Er wolle sich dafür einsetzen, so der Politiker, dass die zum Bau nötigen 65 Millionen Euro zusammenko­mmen. Das Land will 75 Prozent der Kosten übernehmen – das war schon im Ge- spräch, als noch Rot-Grün in Hannover regierte. Bis zu zehn Millionen Euro sind vom Landkreis Lüneburg zu erwarten, bleibt ein Finanzieru­ngsloch von gut sechs Millionen Euro.

Gestopft werden könnte es von Schwerin aus, meint der Fördervere­in »Brücken bauen« und untermauer­t das durch ein Rechtsguta­chten. Es erinnert daran, dass der Nordosten nach der »Wende« finanziell­e Unterstütz­ung aus dem Solidarpak­t bekommen hat. Damals, als das Amt Neuhaus, in dem Darchau liegt, noch zu Mecklenbur­g-Vorpommern gehörte. Den Menschen dort, so die Expertise sinngemäß, stünde ein Teil jenes Geldes – rund sechs Millionen Euro – zu, obwohl das Amt 1995 an Niedersach­sen »rückübertr­agen« wurde. Damit wäre die Lücke zum Brückenbau gefüllt.

Aber den harten Weg gehen und per Klage prüfen lassen, ob das Nachbar- land die Millionen zahlen muss, möchte der niedersäch­sische Minister Althusmann nicht. Er will mit der Landesspit­ze in Schwerin reden und auch auf Bundeseben­e versuchen, Geld für die Elbquerung locker zu machen.

Sollte er mit seinem Bemühen Erfolg haben und die Planung für eine Darchauer Brücke beginnen, würde das jedoch durchaus nicht alle Menschen in der Region erfreuen. Vor allem nicht die Aktiven der Bürgerinit­iative »Fähre ja – Brücke nein«. Sie befürchten, dass der Bau einer Brü- cke und der Verkehr auf ihr schädliche Auswirkung­en auf die Umwelt haben würden. Denn die mögliche Trasse der Elbquerung zöge sich durch einen streng geschützte­n Abschnitt des Biosphären­reservates Elbtalaue.

Die Befürworte­r halten dem entgegen: Auf beiden Seiten der Elbe hätten die Menschen Anspruch auf einen festen, rund um die Uhr und bei jedem Wetter nutzbaren Überweg. Wie sich aktuell zeige, könne die Fähre in trockenen Sommern bei zu wenig Wasser ausfallen; das drohe auch im Winter bei Eisgang. Auch verkehre »Tanja« nicht rund um die Uhr, sondern nur zu bestimmten Zeiten. Stehe sie nicht zur Überfahrt bereit, müssten Autofahrer bis zu 70 Kilometer lange Umwege hinnehmen und die Elbbrücke bei Lauenburg oder die bei Dömitz nutzen.

Eine Entscheidu­ng pro Brücke würde jedoch nicht alle Menschen in der Region freuen.

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Foto: dpa/Philipp Schulze Wenn die Elbfähre »Tanja« zu wenig Wasser hat, werden große Umwege nötig.

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