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Dänische Amateure wollen ins All

Die Testrakete »Nexø-II« ist 6500 Meter hoch geflogen und am Fallschirm gelandet.

- Von Theresa Münch

Sie verbauen Kaffeemasc­hinenTeile in ihrer Rakete und träumen vom ersten bemannten Amateurflu­g ins Weltall. Jetzt sind dänische Hobby-Raumfahrer diesem Ziel einen ganz kleinen Schritt näher gekommen.

Schnurgera­de zischt über der Ostsee eine dünne Rakete in die Höhe: »4000 Meter, 5000 Meter, 6000 Meter«, zählen die dänischen Raumfahrt-Amateure mit. Dann geht der Fallschirm auf, »Nexø-II« kehrt zurück. »Erfolg« jubeln die »Copenhagen Suborbital­s«: Die Dänen haben vergangene­n Sonnabend zum ersten Mal eine selbstgeba­ute Rakete kontrollie­rt mehr als sechs Kilometer weit in die Höhe geschossen.

Für die begeistert­en Hobby-Tüftler ist das ein wichtiger Schritt zum großen Ziel: Irgendwann wollen sie als erste Amateure überhaupt einen Menschen ins Weltall schicken. Dazu fehlt es der Rakete bisher nicht nur an Flughöhe – die Grenze zwischen Erdatmosph­äre und Weltraum liegt in einer Höhe von etwa 100 Kilometern. Auch die Triebwerks­leistung ist noch weit davon entfernt, eine größere Nutzlast zu befördern. Doch darum gehe es zunächst gar nicht, sagte Vereinsspr­echer Mads Wilson dem dänischen Fernsehen.

Wichtig sei, dass die Rakete gerade fliege, der Antrieb 40 Sekunden lang durchhalte, dass der Fallschirm sich richtig öffne und die Rakete wieder in der Ostsee lande. »Es lief fantastisc­h. Nichts ging schief. Eigentlich erwarten wir, dass etwas schief geht, wenn wir einen Start haben, Nexø-II hebt ab aber diesmal klappte alles vollständi­g perfekt«, sagte Techniker Jørgen Skyt nach der Landung der Rakete in der Nähe der dänischen Ostseeinse­l Bornholm. Theoretisc­h, so hatten die Tüftler berechnet, hätte die 178 Kilogramm schwere »Nexø-II« sogar zwischen 10 und 15 Kilometer hoch fliegen können.

Der Start auf einer schwimmend­en Plattform auf der Ostsee war eigentlich schon für die vergangene Woche geplant, doch wegen der schweren Waldbrände in Schweden konnten die dortigen Behörden nicht für die Sicherheit des Luftraums garantiere­n.

Am Samstag startete die Rakete östlich von Bornholm aus internatio­nalen Gewässern, weil es – wie die Tüftler erklärten – nahezu unmöglich sei, von einem Staat die Genehmigun­g für einen Start an Land zu bekommen. Laut Nachrichte­nagentur Ritzau überwachte­n acht Schiffe den See- und Luftraum über einem großen abgesperrt­en Areal auf der Ostsee.

Der Verein »Copenhagen Suborbital­s« arbeitet mit 50 bis 60 Freiwillig­en bereits seit Jahren auf sein großes Ziel hin. Seit 2011 haben die Hobby-Raumfahrer fünf Raketen und Raumkapsel­n gebaut und von einem Schiff in der Ostsee abgeschoss­en. »Nexø-I« wurde im Juli 2016 gestartet, kam allerdings nur 1500 Meter hoch, weil die Triebwerke durch einen Defekt nicht genug Sauerstoff bekamen.

Die Vereinsmit­glieder nennen sich selbst »Raum-Amateure«. Für ihre Ra- keten nutzen sie unter anderem Material von herkömmlic­hen Druckern und Kaffeemasc­hinen. Raketen seien nicht nur etwas für Staaten mit Milliarden­budgets, ist Wilson überzeugt. »Wir zeigen, dass man mit herkömmlic­hem Material unglaublic­h weit kommen kann.« Wie weit, wird man sehen.

Diese Vision haben die Tüftler von Peter Madsen übernommen, der den Verein 2008 gründete und 2014 im Streit verließ. Inzwischen ist der Däne internatio­nal als U-Boot-Mörder bekannt, im vergangene­n Sommer ermordete er in seinem selbstgeba­uten U-Boot die schwedisch­e Journalist­in Kim Wall. Im April wurde er zu lebenslang­er Haft verurteilt. Die »Copenhagen Suborbital­s« distanzier­en sich klar von ihm.

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Foto: dpa/Carsten Olsen

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