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Eine rassistisc­he Debatte

Duisburger Bürgermeis­ter fordert Debatte übers Kindergeld – und spricht abfällig über südeuropäi­sche Zuwanderer

- Von Sebastian Weiermann

Deutschlan­d diskutiert über Kindergeld für im Ausland lebende Kinder. In der Debatte vorgepresc­ht ist der Duisburger Oberbürger­meister Sören Link. Er fiel schon vorher durch Rassismus auf. Müll der sich »bergeweise türmt«, »Sozialbetr­ug«, »Schlepperb­anden«, eine Verschärfu­ng des »Rattenprob­lems« – mit diesen Worten beschwerte sich Duisburgs sozialdemo­kratischer Oberbürger­meister Sören Link über Zuwanderer aus Südosteuro­pa, die in seiner Stadt leben und Kindergeld erhalten. Die Menschen könnten auf dem Arbeitsmar­kt nicht Fuß fassen und kämen nur, »um Sozialleis­tungen zu beziehen«. Link fordert, die Bundesregi­erung müsse etwas gegen die Armutsmigr­ation in Europa tun. Dabei hat er auch das Kindergeld im Visier. 268 000 Kinder, die außerhalb der Bundesrepu­blik leben, empfangen das deutsche Kindergeld. Die Zahl ist seit dem vergangene­n Jahr um rund zehn Prozent gestiegen. Darüber ist in Deutschlan­d eine Debatte entbrannt, an deren Spitze sich Sören Link gesetzt hat.

Es ist nicht das erste Mal, dass Link sich abfällig über Zuwanderer aus Südosteuro­pa äußert. Im Herbst 2015 erklärte er: »Ich hätte gerne das Doppelte an Syrern, wenn ich dafür ein paar Osteuropäe­r abgeben könnte.« Später entschuldi­gte sich Link zwar, sprach davon, »in einer emotionale­n Debatte nicht die richtigen Worte« gefunden zu haben, und sagte, dass er »niemanden persönlich« habe treffen wollen. Schon damals kritisiert­e der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, Links Äußerungen seien »rassistisc­h« und dazu geeignet, »pauschalen Hass gegen Flüchtling­e aus den Westbalkan­staaten« zu schüren.

Auch in der aktuellen Debatte kritisiert Romani Rose, der Vorsitzend­e des Zentralrat­s, den Duisburger Oberbürger­meister scharf: »Hier werden rassistisc­he Stereotype gezielt benutzt, um Sündenböck­e zu produziere­n – selbst auf die Gefahr von Gewaltansc­hlägen hin.« Der Zentralrat sei »selbstvers­tändlich« auch dafür, im Falle von Betrug zu ermitteln und den Missbrauch von Leistungen zu unterbinde­n.

Link zeige mit seinen Äußerungen aber Unkenntnis, etwa darüber, dass Sinti schon seit über 600 Jahren im deutschen Sprachraum leben. Wenn Link in Zusammenha­ng mit Sinti und Roma von einem »Rattenprob­lem« spreche, mache er diese »zur Zielscheib­e potenziell­er Gewalt« und lade Rechtsextr­eme geradezu dazu ein.

Die Menschen, die in sogenannte­n Schrottimm­obilien leben, müsse man als »Opfer von kriminelle­n Banden, deren Hintermänn­er in der Regel deutsche Staatsbürg­er sind«, sehen. Die Städte müssten dafür sorgen, dass Menschen nach dem Mindestloh­n beschäftig­t werden und nicht in den Schrottimm­obilien leben müssen.

Ganz ähnlich äußert sich auch Lukas Hirtz, Sprecher der LINKEN in Duisburg. »Zwar benennt Sören Link, dass kriminelle Strukturen diese Menschen ausnutzen. Er macht aber hier aus Opfern Täter. Er benennt auch ganz klar, dass er Menschen und nicht Probleme bekämpfen möchte«, so der LINKEN-Sprecher.

Link trage mit seinen Äußerungen zur weiteren Spaltung der Stadtgesel­lschaft bei. »Wenn es mehr guten und günstigen Wohnraum in Duisburg gäbe und der Wohnungsma­rkt diskrimini­erungsfrei wäre, dann könnten die Miethaie die Not der Zuwanderer gar nicht erst so leicht missbrauch­en«, ergänzt Birane Gueye, migrations­politische­r Sprecher der LINKEN.

Dass die von Sören Link angestoßen­e Debatte Auswirkung­en auf die Zahlung des Kindergeld­es hat, erscheint hingegen erst mal unwahrsche­inlich. EU-Haushaltsk­ommissar Günther Oettinger erklärte im Tagesspieg­el: »Es gibt eine klare Tendenz unter den EU-Mitgliedst­aaten, die gegenwärti­ge europäisch­e Rechtslage nicht zu ändern.«

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Foto: dpa/Oliver Berg Duisburgs Oberbürger­meister Sören Link (SPD)

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